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Landeshauptstadt: Jugendliche Brandrede

Arbeitskreis Alternative Jugendkultur Potsdam (AJKP) wirft Verwaltung „scheinheilige Lippenbekenntnisse“ vor

Die Worte von Benjamin Bauer waren deutlich. „Wir wollen keine scheinheiligen Lippenbekenntnisse und sind enttäuscht über die bisherige Zusammenarbeit“, sagte der 26-Jährige am Mittwochabend und meinte die Verwaltung. In der Stadtverordnetenversammlung sprach Bauer für den Arbeitskreis Alternative Jugendkultur Potsdam (AJKP), den die Verwaltung im Herbst vergangenen Jahres beauftragt hatte, Lösungsansätze und Forderungen für die Probleme in Potsdams Jugendkultur-Szene zu erarbeiten.

Doch von dem Miteinander ist wenig geblieben. Bauers Satz stand fast am Ende einer Brandrede, die sich vor allem auf das jüngst von der Verwaltung vorgelegte Rahmenkonzept „Jugendkultur“ bezog. Ein Hauptkritikpunkt an dem neuen Papier: Einrichtungen wie das von Schließung bedrohte „Archiv“-Jugendzentrum oder der Verein Spartacus e.V. werden in dem Papier einer Kategorie „Subkultur“ zugerechnet – und sind damit anders als Institutionen der Kategorie „Soziokultur“ nicht förderfähig. „Es findet keine inhaltliche Auseinandersetzung mit alternativen Jugendkultureinrichtungen statt“, sagte Bauer zu diesem Punkt. Mit diesen Festlegungen werde zudem eine „Definitionsmacht von einer Generation ausgeübt, die sich für erhaben genug hält zu wissen, was sich Jugendliche wünschen, aber die eigenen Kinder nicht versteht.“

Ebenso kritisierte Bauer, die „viel beschworene Zusammenarbeit“ mit dem AJKP habe die Verwaltung im Laufe der Zeit mit „Nichtanwesenheit“ quittiert. Zusagen zum angekündigten Rahmenkonzept seien nicht eingehalten worden, auch Nachfragen an das Gremium zum Konzept seien ausgeblieben. So gäbe es nun auch inhaltliche Fehler in dem Papier, etwa würden dort Kinderklubs als Orte für Jugendliche aufgelistet. Und noch etwas stört Bauer: Die im Konzept angekündigte repräsentative Umfrage unter Potsdamer Jugendlichen zur Jugendkultur. Es habe bereits solche Befragungen und zwei Demonstrationen mit je 1500 Teilnehmern gegeben, bei denen als Ergebnis jeweils mehr Freiräume für Jugendliche gefordert wurden. „Wollen sie befragen, bis sie etwas haben, das in den Kram passt?“

Einer, der auf die Vorwürfe antwortete, war Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD): „Wir müssen Ernst nehmen, was wir gehört haben – aber nicht Recht geben.“ Deutlicher noch wurde Kulturdezernentin Iris Jana Magdowski: Die Umfrage sei eben an jene gerichtet, die sich bisher nicht geäußert hätten. Das sei wichtig für die mittel- und langfristige Planung, um das wenige Geld richtig zu kanalisieren.

Gestern erklärte sie ihre Pläne auf Anfrage genauer. „Ich möchte wissen, wie und von wie vielen unsere Einrichtungen genutzt werden“, sagte Magdowski. Und auch zum Thema Archiv nahm sie Stellung – sie werde sich für dessen Angebote am jetzigen oder einem anderen Standort einsetzen. Aber nicht für eine Förderung. „Subkultur will unkonventionell und unabhängig sein, sich von der herrschen Kultur abgrenzen – also kann es auch keine Förderung geben.“ Henri Kramer

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