Links und rechts der Langen Brücke: Jugendtreff Biosphäre
Henri Kramer über die neue Studie „Jugendkultur in Potsdam“ und eine Lehre für die nächste Umfrage dieser Art
Stand:
„Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“ – mit diesem Vorurteil hat diese Woche die erste Potsdamer Jugendumfrage kämpfen müssen. Von den Stadtwerken finanziert und in wesentlichen Teilen vom Kulturamt erarbeitet, soll die Analyse den ersten repräsentativen Überblick darüber geben, wo und wie Potsdamer im Alter von 14 bis 27 Jahren ihre Freizeit verbringen. Speziell, wenn es um das in der Stadt in den vergangenen drei Jahren heftig umstrittene Thema Jugendkultur geht. Für die Erkundung jugendlicher Gemütsstrukturen hat das renommierte Meinungsforschungsinstitut Emnid 1000 Potsdamer Jugendliche per Telefon befragt.
Als wichtige Thesen leiten die Autoren ab, Potsdam sei für Jugendliche ein attraktiver Kulturstandort. Zitat: „Die hohe kulturelle Attraktivität Potsdams hat zwei Wurzeln: Seine hohe Inanspruchnahme und die hohe Zufriedenheit mit den Einrichtungen: Waschhaus, Biosphäre, aber auch Schiffbauergasse mit Hans Otto Theater und der Lindenpark haben als Locations die größte Attraktivität. Herausragende Jugendmagnete sind aber auch die Stadtbibliothek und die Babelsberger Live- Nacht.“ Kulturdezernentin Iris Jana Magdowski will die Studie nun als „sachliche Grundlage für künftige Verteilungskämpfe“ nutzen. Angesichts knapper Kassen dürfe nicht am Bedarf vorbei geplant werden, sagt die CDU-Politikerin – und damit hat sie recht. Doch kann die Studie selbst für Planungen kaum eine Grundlage sein. Ein Beispiel: Die Zahlen zur Zufriedenheit mit bestimmten Potsdamer Einrichtungen. Gefragt wurden die Jugendlichen, ob sie bestimmte Häuser oder Feste schon besucht haben und ob sie diese weiterempfehlen würden. Abgesehen davon, dass abgefragte Einrichtungen wie die Biosphäre und das Museum oder Feste wie das Jazzfestival oder die Musikfestspiele nicht in eine Reihe von Jugendangeboten gehören, fehlt ärgerlicherweise die Frage, wie oft die Jugendlichen die Treffs nutzen. So ist die Biosphäre plötzlich der zweitbeliebteste Jugendtreff. Ein Witz. Solche Ungenauigkeiten paaren sich mit Erkenntnissen, die auch ohne Umfrage bekannt sein dürften – etwa, dass Jugendliche sich vor allem mittels Flyern und Stadtmagazinen über Veranstaltungen informieren. Dazu kommen suggestive Wünsch-Dir- Was-Fragen wie: „In welchen Bereichen sollten sich die Stadtwerke verstärkt engagieren?“
Spannend ist so vor allem eine Erkenntnis der Umfrage: Eine knappe Mehrheit der jungen Potsdamer vermisst in ihrer Stadt Freizeitangebote in Sport und Kultur. Nur 28 Prozent sagen: Uns fehlt nichts. Für diese Information haben die Stadtwerke 32 000 Euro gezahlt. Man kann hoffen, dass die nächste Umfrage dieser Art gründlicher vorbereitet wird.
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