
© Foto: Sebastian Gabsch
Von Henri Kramer: Junge Vandalismus-Forscher
Ein neues Schüler-Projekt widmet sich sinnloser Zerstörungswut und illegalen Graffiti in Potsdam
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Der Begriff Vandalismus bringt André Al-Rahdi schmerzhafte Verletzungen in Erinnerung. Im Sommer war der 15-Jährige mit einem Kumpel am Spielplatz neben dem Rewe-Markt in Drewitz – und sein Freund trat barfuß in eine herumliegende Scherbe, blutete, musste sogar ins Krankenhaus. André sagt: „Vandalismus ist ein großes Problem in Potsdam.“
Doch neuerdings bedeutet das Wort für den Schüler auch eine mögliche Reise nach Paris. Das ist der Preis, den es zu gewinnen gibt: André nimmt mit rund 20 anderen Jugendlichen aus der 9. Klasse des Humboldt-Gymnasiums am aktuellen Schülerwettbewerb der Bundeszentrale für politische Bildung teil. Ihr Kurs hat sich das Thema „Augen auf! Gemeinsam gegen Vandalismus“ ausgesucht – und der Beitrag dafür ist bereits fertig.
Entstanden ist eine Art Zeitungsseite, auf der die Jugendlichen all das auflisten, was sie über Vandalismus in der Landeshauptstadt herausbekommen haben: Dass der Potsdamer Verkehrsbetrieb pro Jahr 180 000 Euro ausgibt, um zerkratzte Bus- und Bahnscheiben zu reparieren und Graffiti zu entfernen. Dass in Potsdam manche Stromkästen ganz offiziell bunt bemalt werden, damit Sprayer sie nicht mehr bemalen müssen. Und dass an ihrer Schule von 70 Befragten 45 Schülern finden, dass sie sich von Schmierereien gestört fühlen. So geht es auch Ina Schmidt (Name auf Wunsch geändert). Die 14-Jährige ist vor allem von Tags „genervt“, also kleine Krakel-Graffiti. Doch macht Ina auch den Unterschied: „Natürlich gibt es Graffiti, die richtige Kunstwerke sind.“
Konzentriert hat sich das Schülerprojekt auf das Gegenteil. Um das Problem so plastisch wie möglich zu machen, haben die Schüler viele Ecken in ihrer Umgebung fotografiert, die sie besonders schmuddelig finden – entstanden ist ein Sammelsurium aus kaputten Telefonzellen, zerstörten Bänken und wild übermalten Busplänen. „So etwas stört mich“, sagt Maximilian Bollmann. Mit den anderen Schülern des Gymnasiums hat der 15-Jährige ein Plakat gegen mutwillige Zerstörung entworfen. Ein wenig Stolz schwingt mit, als er erzählt, dass der Potsdamer Verkehrsbetrieb das entstandene Motiv bald für neue Flyer gegen Vandalismus verwenden will.
Auch mit den Ursachen von Vandalismus haben sich die Schüler beschäftigt. „Alkohol, Langeweile“, glaubt Maximilian. „Wenn man nichts zu tun hat, gibt das dumme Gedanken“, mutmaßt Ina. Und André sagt, das Zerstören wohl einen gewissen „Kick“ gibt – wenn auch nicht für lange Zeit. So ähnlich haben sich auch die Passanten geäußert, die die Schüler zusätzlich für ihr Vandalismus-Projekt befragt haben. Bei dieser Aktion gab es aber auch Antworten, die die Schüler erschreckt haben. „Eine ältere Dame wollte als Strafe gleich wieder das Arbeitslager einführen“, erinnert sich André. Er plädiert für Sozialstunden – und das junge Vandalen ihre Zerstörungen reparieren müssten. Mit einem Zusatz, wie André findet: „Dabei müssen andere zugucken können, dann wird es richtig peinlich.“
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