Von Hella Dittfeld: Jungmeister bleiben Firma treu
Nur wenige wollen sich selbstständig machen / Handwerkskammer übergab am Samstag 169 Meisterbriefe
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Es ist nicht die aktuelle Finanzkrise, sondern die Gesamtgeschäftslage, die jungen Handwerksmeistern zur Vorsicht rät. Über die Hälfte erklärte bei einer Umfrage, dass sie sich nicht selbstständig machen wollen. Sie suchen vielmehr Aufstiegsmöglichkeiten in größeren Firmen, meist im angestammten Unternehmen. Die Befragung der drei Potsdamer Jungmeister, die als Beste in ihrem Gewerk am Samstag von der Handwerkskammer Potsdam ausgezeichnet wurden, ergab sogar eine Entscheidung zwei zu eins. Der Installateur und Heizungsbauer Jan Bethwell und der Bäcker Robert Franke wollen angestellt bleiben. Der Augenoptiker Mirko Weiß (34) sieht sich dagegen nach einem eigenen Geschäft um. Das Augenoptikerangebot in Potsdam sei jedoch vielfältig, gab auch er zu bedenken. Wichtig sei es, eine Nische zu finden. Alle drei Jungmeister aber sehen in weiterer Qualifikation die Zukunft. Sie wollen auf die Meisterschule noch eins draufsetzen und denken an Lehrgänge in Betriebswirtschaft und im technischen Bereich.
Mirko Weiß hat nach einigen Jahren in den USA seine Abenteuerlust abgelegt und möchte sich nun auf Kundenwünsche auch in schwierigen Spezialbereichen konzentrieren. Da höre das Lernen nie auf. Jan Bethwell (27), bei dem sogar während der Auszeichnungsveranstaltung in einer Tour das Nottelefon klingelte, ist von seinem Arbeitgeber Partnerschaft angeboten worden. Die Firma habe eine gute Auftragslage. Auch in der Töplitzer Bäckerei, in der Robert Franke (31) arbeitet, ist von Finanzkrise nichts zu spüren. Brot und Brötchen würden immer gekauft und auch die Naschsucht habe nicht nachgelassen. Franke hatte als Meisterstück eine Windmühle, deren Flügel sich sogar drehten, gebacken und mit seinem Mühlenfestbüfett Furore gemacht.
Am Samstag übergab die Handwerkskammer für das Jahr 2008 insgesamt 169 Meisterbriefe in 14 Handwerken und zeichnete in 12 Sparten die Besten aus. An der Spitze aller Meisterschüler steht 2008 der Kraftfahrzeugtechnikermeister Marcel Neie aus Brandenburg, der als Sonderpreis von der Inter-Versicherung einen Betriebswirtslehrgang bezahlt bekommt. Aber auch die Kammer selbst bekam gute Noten. Die Fotografenmeisterin Jana Vogtländer aus Thüringen lobte die qualitativ hochwertige und dazu noch preisgünstige Ausbildung. Deshalb habe sie Potsdam als Ausbildungsstätte gewählt. Seit 1991 hat die Potsdamer Handwerkskammer 7600 neue Meisterinnen und Meister ausgebildet.
Handwerkskammer-Präsident Bernd Ebert nannte die Stimmung im Handwerk im Moment noch „positiv“. Man müsse aber abwarten, ob auch hier die Krise durchschlage. Die Banken dürften die Betriebe durch Kreditverweigerung nicht aushöhlen und es müssten Konjunkturanreize geschaffen werden. Wer bisher vernünftig gearbeitet habe, müsse weiter unterstützt werden. Ebert mahnte zudem Steuererleichterungen an. Handwerksbetriebe zahlten in Frankreich nur sieben Prozent Mehrwertsteuer. Das müsse auch in Deutschland möglich sein.
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