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Palast Barberini: Juwel neben dem Stadtschloss

Der Berliner Unternehmer Abris Lelbach baut den Palast Barberini wieder auf. Hinter der Prunkfassade entstehen Wohnungen und Gewerbeflächen. Das Problem ist die Baulogistik: Nirgends gibt viel es Platz für die Baustelleneinrichtung.

Von Peer Straube

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Manchmal scheint es fast, als könne er es immer noch nicht ganz glauben. Noch vor einem halben Jahr war der Berliner Unternehmer Abris Lelbach lediglich Herr über eins der kleineren Bauvorhaben an der Alten Fahrt. Ein Wohn- und Geschäftshaus wollte er bauen, viergeschossig, zum Wasser hin außerdem ein schmuckes Gartenhaus. Beides hat der italienische Stararchitekt Franco Stella entworfen, der in Berlin das Humboldt- Forum genannte Stadtschloss wieder aufbaut. Stellas Entwurf zitiert die italienische Villenarchitektur mit klar gegliederten Strukturen. 2,5 Millionen Euro Gesamtinvestitionskosten, inklusive Grundstück. Ein überschaubares Projekt.

Doch dann, Anfang August 2012, änderte sich die Lage. Gertrud Schmack, Inhaberin des Hotels „Bayrisches Haus“, die im Bieterwettstreit um die ersten Grundstücke in der Potsdamer Mitte den Zuschlag für den Wiederaufbau des Palastes Barberini bekommen hatte, musste plötzlich das Handtuch werfen. Sie hatte innerhalb einer vereinbarten Frist keinen Betreiber für das von ihr geplante Luxushotel präsentieren können. Lelbachs Stunde schlug. Als Zweitplatzierter im Verfahren wurde er zum Nachrücker bestimmt. Nun ist der studierte Wirtschaftsprüfer neben der Brauerstraße 2 zuständig für das nach dem Landtagsschloss mit Abstand wichtigste Wiederaufbauvorhaben in der historischen Mitte. Rund 24 Millionen wird der Wiederaufbau des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Palastes, ein architektonisches Juwel, kosten. „Das ist eine extrem ehrenvolle Aufgabe“, sagt Lelbach. „Denn ohne den Palast Barberini funktioniert der ganze Alte Markt als Platz nicht.“

Schon deswegen ist der Palast im Leitbautenkonzept als einziger echter Leitbau ausgewiesen: Die dem Alten Markt zugewandte Fassade muss originalgetreu rekonstruiert werden, desgleichen die beiden Festsäle in den Obergeschossen. Am berühmten Vorgängerbau hatten die Großen ihrer Zeit ihre Spuren hinterlassen: Carl von Gontard schuf das repräsentative Gebäude 1771 bis 1772 auf Geheiß Friedrichs II. Als Vorbild für die prächtige Fassade wählte der König den im 17. Jahrhundert erbauten Palazzo Barberini in Rom, den unter anderem der große Barockbildhauer und -baumeister Gian Lorenzo Bernini gestaltet hatte.

Lelbach hat das römische Original gründlich studiert und fast hätte es ihn das Projekt gekostet: „Weil ich im Erstentwurf ein Belvedere obendrauf gesetzt hatte, wie der Palazzo in Rom eines hat, bin ich in der ersten Runde des Bieterverfahrens durchgefallen“, sagt der Unternehmer schmunzelnd. Das Belvedere, das er als Aussichtspunkt für Potsdamer und Touristen gedacht hatte, ist inzwischen aus dem Entwurf entfernt – allein Gontard ist der Maßstab. Dessen Kollegen Ludwig Persius und Ludwig Ferdinand Hesse hatten Mitte des 19. Jahrhunderts die zur Havel ausgerichteten Seitenflügel angebaut. An deren Architektur wird derzeit noch gefeilt. Die Vorgaben im Leitbautenkonzept sind dafür zwar weniger streng, doch will Lelbach eine für Potsdam so typische Architekturdiskussion unbedingt vermeiden. „Wir tendieren zur klassischen Form von Persius“, erklärt Lelbach. Was an diesem prominenten Standort vor allem zähle, sei Qualität.

Das gilt auch für das Innenleben. Hochwertige Wohnungen sollen insbesondere in den beiden Seitenflügeln entstehen, vielleicht auch einige als Maisonette- Wohnungen über zwei Etagen. Die genaue Zahl stehe daher auch noch nicht fest. Weil aber die Interessenten offenbar Schlange stehen, erwägt Lelbach, auch einen Teil der Seitenflügel für gewerbliche Zwecke zu nutzen: Anfragen gebe es unter anderem von Betreibern einer Tanzschule, eines Restaurants und eines Antiquitätenhandels. Lelbach verspricht „hochwertiges Gewerbe“. Eine Kette, die Hamburger verkauft, habe im Palast Barberini nichts zu suchen, sagt der Bauherr.

Im Kopfbau am Alten Markt soll es in jedem Fall eine gastronomische Nutzung geben. Auch öffentliche Einrichtungen, etwa eine Kunstgalerie, kann sich der Berliner Unternehmer darin gut vorstellen. Dazu passt, dass Lelbach den repräsentativen Kopfbau auf der Marktseite nicht verkaufen, sondern das Gebäude nach Fertigstellung der von ihm gegründeten gemeinnützigen Lelbach-Stiftung übertragen will. Die Institution widmet sich unter anderem der Förderung von Kunst und Kultur, aber auch des Naturschutzes und des bürgerlichen Engagements für wohltätige Zwecke.

Den Platz vor dem Palast will Lelbach zumindest im Sommer bespielen, damit Potsdamer und Touristen ihren Cappuccino mit Schlossblick genießen können – „zu bezahlbaren Preisen“, wie Lelbach betont. Ob der Platz zwischen den Seitenflügeln eher als Hof oder als Garten gestaltet wird, steht dagegen noch nicht fest. Der Vertrag sieht einen öffentlichen Fußweg vor, über den man vom Alten Markt zwischen den Seitenflügeln entlang zur künftigen Uferpromenade an der Alten Fahrt gelangt. Auch das Bauvorhaben in der Brauerstraße 2 – nur zwei Häuser neben dem Barberini – soll ein Mix aus Gewerbe und Wohnen werden. Vielleicht zieht ein Café ins Erdgeschoss des Vorderhauses ein, darüber sollen drei bis vier Wohnungen entstehen, weitere ein bis zwei im Gartenhaus, alle zwischen 80 und 130 Quadratmeter groß. Ebenso wie die Wohnungen im Palast Barberini sollen sie verkauft werden.

Im Mai soll für beide Projekte der Bauantrag eingereicht werden. Möglichst noch in diesem Jahr soll die Baugrube für die Tiefgarage des Palastes Barberini ausgehoben sein, die Platz für knapp 80 Autos bieten soll. Im Frühjahr 2014 werden dann die eigentlichen Bauarbeiten beginnen, sagt Lelbach. Möglicherweise 2016, spätestens aber 2017 soll der Palast Barberini wieder die Zierde des Alten Marktes sein.

Bevor es aber so weit ist, gilt es die Baulogistik zu klären, das wohl größte Problem vor Ort und eines, das alle Bauherren dort zu lösen haben. Eingekeilt zwischen der Alten Fahrt einerseits und der schmalen Humboldtstraße andererseits gibt es nirgendwo viel Platz für eine Baustelleneinrichtung, wie sie ein Bauvorhaben der Größe des Palastes Barberini nötig macht. „Auf die Frage, wie wir das hinbekommen, hat noch niemand eine Antwort“, sagt Lelbach. Gemeinsam mit der Stadt müssten nun alle Lösungen geprüft werden, auch, ob man unter Umständen die Alte Fahrt selbst zur Baustelleneinrichtung nutzt – etwa durch Pontons. Alternative Flächen auf dem Festland, auf der man zum Beispiel auch einen Baukran ausreichender Größe aufstellen kann, habe die Stadt „bislang nicht benannt“, erklärt Lelbach.

Ein weiteres Problem ist der Baugrund, schon wegen der unmittelbaren Nähe der Havel. Daher soll die Tiefgarage mit einem Spezialtiefbauverfahren gebaut werden, bei der Schlitz- statt Spundwände zum Einsatz kommen. In den Boden wird ein Schlitz eingefräst, der dann mit einer härtenden Flüssigkeit, in der Regel ein Mix aus Bentonit und Wasser, aufgefüllt wird. Später wird das Konglomerat durch Beton ersetzt. Bei den Gebäuden in der Brauerstraße 2 wird das Grundwasserproblem gelöst, indem man womöglich auf einen Teil des Kellers verzichtet.

Den Palast Barberini will Lelbach unabhängig von seinen Nachbarn an der Alten Fahrt errichten, um mögliche Überraschungen, auch finanzieller Art, zu vermeiden. Beim Bau der Brauerstraße 2 sei eine Abstimmung mit den Nachbarn, der Complan Kommunalberatung GmbH und der Berliner Bürgerstadt AG, hingegen durchaus möglich und sinnvoll.

Ob sich Lelbach nach dem für 2015 angepeilten Abriss der Fachhochschule am Alten Markt noch an weiteren Ausschreibungen für den Wiederaufbau der Potsdamer Mitte beteiligt, lässt der Unternehmer offen. „In Potsdam fühlen wir uns jedenfalls sehr wohl“, erklärt er vielsagend. „Wenn wir die vor uns stehenden Aufgaben gelöst haben, sehen wir weiter.“

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