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Kaffeetafel in Marquardt.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Kaffeetafel statt spiritistische Sitzung

Schlosspark Marquardt lockt mit Angeboten von Kunst bis Geselligkeit

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Marquardt - Es soll ja Leute geben, die wegen der Ruhe in den Schlosspark nach Marquardt kommen. Am gestrigen Sonntag verhießen die zugeparkten Straßen rund um die kleine Kirche: Es ist was los im Ort. „Das ist aber noch nicht das Dorffest“, beeilte sich Gerda Roggenbuck zu versichern. Die „Vorturnerin der Hupfdohlen“, der örtlichen Gymnastikgruppe, hatte mit ihren Frauen die Logistik der „Marquardter Kaffeetafel“ übernommen.

Nun liefen die Damen, unschwer zu erkennen an ihren leuchtendroten T-Shirts, emsig mit Kaffeekannen umher und betreuten den Kuchenstand, eine einzige köstliche Versuchung. Zum siebenten Mal bereits war eingeladen worden, die Tradition hat sich rumgesprochen von Potsdam bis in die Nachbardörfer. „Wir hatten hier schon bis zu 250 Gäste“, erinnerte sich Roggenbuck. Das liegt vielleicht nicht unwesentlich an der gleichzeitig im Schloss stattfindenden Rohkunstbau-Ausstellung: An guten, sprich sonnigen Wochenenden zieht es da schon mal bis zu 400 Besucher nach Marquardt, meinte Ortsvorsteher Wolfgang Grittner. Auch diese lassen sich gern zu leckerem Landfrauenkuchen verführen, und so saßen exzentrische Kunstfreaks neben einheimischen Saunabrüdern. Die gibt es nämlich auch, erklärte Grittner, der als Ortschronist eine Parkführung anbot, die gern in Anspruch genommen wurde. International gemischtes Publikum ließ sich die Historie des Anwesens erklären, dessen Zustand der Bausubstanz in trauriger Diskrepanz zum preußischen Perfektionismus der Anlagen der Schlösserstiftung zu stehen scheint. Doch diese ist nur Eigentümer von Hohenzollernnachlass – Marquardt, so Grittner, war Lehnsgut und später Privatbesitz. Gleichwohl war gerade Friedrich Wilhelm II. hier oft zu Besuch bei seinem General Johann Rudolf von Bischoffswerder. Es war die Zeit der Rosenkreuzer und in der blauen Grotte im Schlosspark hielt man spiritistische Sitzungen ab. Die doppelwandige Grotte gibts nicht mehr, das Schloss schon, heute im Besitz der Penelope-Immobilien-Verwaltungs-GmbH. „Derzeit habe ich kein Signal vom Eigentümer, dass es einen Kaufinteressenten gäbe“, sagte Grittner. So steht das Schloss überwiegend leer. 2010 sei durch die Immobilienfirma wenigstens die Schwammsanierung vorgenommen worden, nachdem vor vier Jahren das Dach dicht gemacht worden war.

Der etwas marode Charme des Schlösschens inmitten des englischen Landschaftsgartens, der nach originalen Plänen von Peter Joseph Lenné angelegt wurde, hat sich vor allem in der Film- und Musikszene herumgesprochen. Vor zwei Jahren drehte hier Hermine Huntgeburth ihre Effi Briest, aus Anlass des Potsdamer Filmjahrs soll der Streifen am 27. August auf der „Kaffee-Wiese“ im Park gezeigt werden. Bands wie „Rammstein“ kommen hierher für Videoaufnahmen und vergangenes Jahr sei Sänger Peter Maffay beim Spazierengehen im Park verlorengegangen. „Da musste man ihn suchen“, sagte Grittner. Der Ortschronist weiß eben alles: Wo die Königin Luise immer nach Paretz lang gefahren ist und wo am Ufer des Schlänitzsees die Marquardter ihre Sauna haben. Steffi Pyanoe

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