
© Andreas Klaer
Von Erhart Hohenstein: Kaiserbahnhof bleibt abgeschottet
Auch zum 100. Geburtstag des Welterbedenkmals will die Deutsche Bahn die Tore nicht öffnen
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Die Deutsche Bahn fährt beim Kaiserbahnhof weiterhin eine harte Linie. Ungeachtet des 100-jährigen Jubiläums des repräsentativen Bauwerks im November bleibt es für die Öffentlichkeit unzugänglich. Burkhard Ahlert, Bahnsprecher für den Bereich Regio Nord-Ost, erklärte gegenüber den PNN, eine Feier werde aus diesem Anlass nicht stattfinden. Auf Nachfrage ließ er mitteilen, zurzeit gebe es auch „keine Überlegungen, der Öffentlichkeit den Kaiserbahnhof Potsdam zu bestimmten Anlässen für Führungen zugänglich zu machen. Sollte sich dies ändern, werden wir Sie umgehend davon in Kenntnis setzen.“
Diese Antwort macht deutlich, dass die Bahn AG in dieser Frage an ihrer starren Haltung festhält, die der damalige Bahnchef Hartmut Mehdorn anlässlich der Eröffnung des sanierten Kaiserbahnhofs am 16. Juni 2005 als Führungsakademie für Bahnmanager verkündet hatte. Die Bahn hatte die Sperrung des Bauwerks für die Öffentlichkeit stets damit begründet, dass der Lehrbetrieb im Haus ungestört ablaufen müsse. Mit der Abschottung missachtet das weitgehend aus Steuermitteln finanzierte Unternehmen nicht nur den von der Stadtverordnetenversammlung und vom Oberbürgermeister unterstützten Besichtigungswunsch einer breiten Potsdamer Öffentlichkeit und von Touristen. Der Kaiserbahnhof ist in Potsdam auch das einzige Gebäude des Welterbes, das der Öffentlichkeit auf Dauer unzugänglich bleibt. Für durch Unternehmen und Prominente veranstaltete Empfänge wird er jedoch geöffnet. So wurden etwa die Außenminister beim G-8-Gipfel vor zwei Jahren, darunter US-Chefdiplomatin Condoleezza Rice, mit großem Pomp im Kaiserbahnhof empfangen. Bürgervereine und Denkmalpfleger weisen darauf hin, dass sie den Abriss der verfallenen Bahnhofsgebäude, um die sich die Bahn als Eigentümer in den 1990er Jahren kaum kümmerte, durch ihr Engagement verhindert hatten.
Die Stadt will indes durch Verhandlungen versuchen, den Bahnvorstand umzustimmen. Oberbürgermeister Jann Jakobs werde sich weiter dafür einsetzen, den Kaiserbahnhof im Rahmen von Führungen und Veranstaltungen von Zeit zu Zeit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, erklärte Rathaussprecherin Regina Thielemann auf PNN-Anfrage. Dazu wolle Jakobs nach dem Wechsel an der Spitze des Unternehmens das Gespräch mit dem neuen Bahnchef Rüdiger Grube suchen.
Im Auftrag von Kaiser Wilhelm II., der im Neuen Palais residierte, hatte Hofarchitekt Ernst Eberhard von Ihne den Kaiserbahnhof von 1904 bis 1909 errichtet. Die 325 Quadratmeter des eingeschossigen Empfangsgebäudes wurde vom „Kaisersaal“ und einem Wartesaal für das Gefolge eingenommen. Treppenanlagen führten zur höher gelegenen Bahnsteighalle. Nach dem Ende der Monarchie wurde der Bahnhof nur noch gelegentlich genutzt, so als im April 1921 der Sarg mit der im Exil verstorbenen vormaligen Kaiserin Auguste Viktoria hier eintraf und in den Antikentempel überführt wurde. In der nationalsozialistischen Ära wurde der Bahnhof militärisch genutzt, nach Kriegsende dann durch die Sowjetarmee für den Urlaubszug „Blauer Express“ nach Moskau. Seit 1952 fuhren keine Züge mehr, das Empfangsgebäude wurde als Lager verwendet.
Nach der deutschen Wiedervereinigung gab es verschiedene Versuche, den Kaiserbahnhof zu sanieren und neu zu nutzen. Die Vorschläge reichten von der Einrichtung eines Eisenbahnmuseums über den Ausbau zur Universitätsbibliothek bis zur Gaststätte. Dann aber entschied der Bahnvorstand unter Mehdorn, die Gebäude zur Führungsakademie auszubauen, was zur Abschottung des Geländes führte.
Erhart Hohenstein
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