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Kein Karneval. Bei der Geschichtsbörse im Kutschstall traten neben Rokoko-Tänzern auch kostümierte Vertreter von Heimatvereinen aus Brandenburg und Berlin auf.

© M. Thomas

Landeshauptstadt: Kalauern im Kutschstall

Von Calau bis Marzahn: Heimatvereine bei der 8. Potsdamer Geschichtsbörse

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Sogar eine königliche Tanzgesellschaft gab sich die Ehre. In ihren prächtigen Rokoko-Kostümen schwangen die Quasi-Zeitgenossen von Friedrich Zwo das Tanzbein und präsentierten ihre Kunst, wie sie dereinst am preußischen Hofe für Vergnügen gesorgt haben mag. Die Tänzer von „Plaisir de la cour“ hätten den König sicher überzeugt – aber auch der Untertanen Nachfahren bei der 8. Potsdamer Geschichtsbörse am Sonntag im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte kamen auf ihre Kosten. Und so wie der König das Ohr am Volk hatte, taten es ihm die Tänzer gleich und mischten sich unter das gemeine Volk. In gemächlichen Schritten durchmaßen die barock gewandeten Zeitgenossen den Kutschstall am Neuen Markt: Hier ein Schnappschuss, da ein Gruppenbild – bei den Besuchern der Geschichtsbörse waren die Tänzer ein beliebtes Motiv.

Ansonsten konnten die Gäste an Ständen zahlreiche Heimat- und Traditionsvereine aus Friedrichs alten Landen kennenlernen. Doch da die Zeit seit dem großen König nicht stehengeblieben ist, war an den Ständen auch so manches zu sehen, von dem Friedrich noch nicht einmal zu träumen wagte: Über Potsdams erste Generation elektrischer Straßenbahnen konnten sich Besucher ebenso informieren wie über die Fertighauspläne von Konrad Wachsmann, dem Architekten des Einsteinhauses in Caputh. Selbst der Heimatverein „Marzahn-Hellersdorf“ war mit einem Stand vertreten.

Auch die Lausitz ließ sich nicht lumpen. Eine Drei-Mann-Abordnung des Traditionsvereins „Braunkohle Senftenberg“ erschien im zünftigen „Bergkittel“, einer schwarzen Tracht mit prächtigen Knöpfen. Nicht fehlen durfte der „Schachthut“: Ebenfalls schwarz, jedoch mit gelber Zier und obendrauf ein weißer Schmuck aus Gänsefedern. Nachempfunden sei das der Tracht, wie sie in der Kleiderordnung des königlich-preußischen Bergamtes von 1860 festgeschrieben sei, erzählte Heinz Müller vom Vorstand des Traditionsvereins. Auch wenn Friedrich II. 1860 längst allem Irdischen entsagt hatte, der Traditionsverein selbst sogar nur wenig mehr als zehn Jahre auf dem Buckel hat – der große König wird auch von den Lausitzer Bergleuten hochgehalten. Friedrich II. habe den Abbau von Eisenerz in der Lausitz gefördert. Übrigens seien die Peitzer Fischteiche infolge des Abbaus von sogenanntem Raseneisenerz entstanden, weiß Müller zu berichten. Diese Art von Erz sei zwar minderwertig, doch Friedrich habe nicht länger auf Importware zurückgreifen wollen. Seine Kriegsmaschinerie sei schließlich eisenhungrig gewesen. Wer ein paar Kalauer auf der Geschichtsbörse hören wollte – bitteschön, er musste sie nur dem Calauer Schusterjungen entlocken, der in seiner Tracht maskottchenähnlich – mit karierter Mütze, Krawatte und gestreiften Hosen, ein paar Stiefel über der Schulter – seine Stadt vertrat. Ja, ja, die berühmten Kalauer seien tatsächlich in der alten Stadt Calau in der Niederlausitz entstanden. Die Schusterjungen hätten sich einst jene Wortwitze um die Ohren gehauen – und Calau habe sich früher noch mit „K“ geschrieben. Sprach’s und fügte hinzu: „Das ist kein Kalauer, den ich Ihnen hier erzähle.“

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