Landeshauptstadt: Kalinka traf ins Herz
26 000 Besucher bei der 6. Feuerwerkersinfonie – doch die Jury-Entscheidung stand in der Kritik
Stand:
Der jüngste Feuerwerker Deutschlands, der 19-jährige Abiturient Sebastian Hoferick, eroberte mit seiner Komposition aus Musik und Feuer bei der 6. Potsdamer Feuerwerkersinfonie die Sympathie der Zuschauer. Mit dem russischen Folklore-Gassenhauer „Kalinka“ hatte er ins Herz des Bornstedter Feldes und der Russischen Kolonie gezielt und einen Volltreffer gelandet. Rhythmisch senkte sich der Goldregen über das Schussfeld zwischen Straßenbahntrasse und Wiesenpark. Von beiden Seiten flitzten pfeilgleiche Blitze, die an die berühmt-berüchtigten Katjuscha-Raketen erinnerten. Eine ideenreiche Show, bei der am Ende das „Kalinka“-Lied im Knallen und Krachen unterging.
Für die Pyro-Form-Crew von Sebastian Hoferick reichte es jedoch diesmal nur für den vierten Platz – eine nicht unumstrittene Entscheidung der Laien-Jury. Den Sieg errangen die österreichischen „Steyer Fire“ mit ihrer Show „Love and Music“ am zweiten Abend.
Die Jury-Entscheidung, es handelte sich um das Urteil von Publikums-Preisrichtern, fand nicht die einhellige Zustimmung. „Die Österreicher sollten wohl gewinnen, weil sie die weiteste Anreise hatten“, und: „Vorjahressieger Pyro-Form durfte offenbar nicht ein zweites Mal auf dem Siegertreppchen stehen“, lauteten die Vorwürfe.
Sebastian Hoferick bleibt wegen seiner Jugend eine Besonderheit des deutschlandweit einmaligen Wettbewerbs. Karl Hoferick, Großvater von Sebastian, erklärt das Pyro-Wunder seines Enkels, der gerade sein Abitur am Sally-Bein-Gymnasium in Beelitz gemacht hat: Sebastian, „Inhaber und Choreograf“ der Firma Pyro-Form, wolle jetzt eine Ausbildung als Veranstaltungskaufmann beginnen. Nach der Darbietung am Sonnabend habe es sofort neue Aufträge geben. Besonders die „Kalinka“-Choreografie sei gefragt. „Pyro-Form“ ist weitgehend ein Familienbetrieb, erklärt Karl Hoferick. Sein Sohn Frank gibt etwas von der Begeisterung preis, welche die Feuerwerker beseelt. Zusammen mit dem Team hatte er seit Donnerstagnacht am Aufbau der komplizierten Anlage aus Geschossbatterien, Zündkabeln, im Boden montierten Funk-Empfängern und dem Computerzündpult mit gebastelt. Die Sorge, dass der Regen anhalten und die Feuchtigkeit die Zündung stören könnte, war am ersten Abend noch groß. Erleichterung daher nach der elektrischen Prüfung zwei Stunden vor dem Knall: Alles in Ordnung.
„Es ist für uns eine Ehre hier in Potsdam zu schießen“, so Frank Hoferick. Nachdem im vergangenen Jahr die Messlatte sehr hoch gelegt worden sei, war harte Arbeit notwendig, um dieses Niveau zu halten oder gar zu übertreffen. Es gehe nicht ums Geldverdienen, das sei bei dem großen Aufwand nicht möglich, sagt der Pyrotechniker: „Wir sind stolz, dass man uns ernst nimmt.“ Bei der Choreografie sei entscheidend, eine gute Übereinstimmung von Musik und Feuerwerk zu programmieren, damit für zehn Minuten eine effektvolle Sinfonie entstehe. Zwischen den optischen Bildern und der Musik klappt das in der Regel gut, nur der Knall hinkt je nach Entfernung hinterher, weil sich der Schall mit geringerer Geschwindigkeit ausbreitet. „Wahrscheinlich müsste das Feuerwerk gefilmt und anschließend zusammen mit der Musik auf einer Großbildwand wiedergegeben werden, um die Choreografie voll zur Geltung zu bringen“, gibt ein Beteiligter die Anregung für künftige Feuerwerkersinfonien.
Auf der Kuppel des Erdwalles vor dem Wasserspielplatz waren ein paar Logenplätze reserviert. Von einem Regiestuhl aus beobachtete Volker Theobald, Prokurist beim Entwicklungsträger Bornstedter Feld, das Geschehen. „Das ist unsere größte Veranstaltung im Volkspark“, berichtete er. Die Zahl von 18 000 Besuchern im Vorjahr werde mit Sicherheit übertroffen. Am Ende waren es 26 000 – und damit Rekord.
Für das Feuer-Musik-Spektakel hatten sich 30 Teams beworben. Eine Jury zog von diesen Bewerbern zehn in die engere Wahl. „Pyro-Form“ war als Vorjahressieger gesetzt, die übrigen drei Teilnehmer wurden ausgelost. Das waren „Ky-Event“ aus Dresden, „Magic Fireworks“ aus Wuppertal und „Steyer Fire“ aus Österreich. Nach jeder der Darbietungen war das Bornstedter Feld in Qualm- und Nebelwolken gehüllt und Asche regnete vom Himmel. Das hatte auch sein Gutes, denn mit einem Schlage waren die Mückenschwärme, welche die Besucher den ganzen Abend gepiesackt hatten, verschwunden. Günter Schenke
Günter Schenke
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: