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Landeshauptstadt: Kältefrei bei 17 Grad

Keine Weihnachtsgeschenke, dafür den ganzen Sommer Ferien: Eisenhart-Schüler entdecken Vietnam

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Innenstadt – Das klingt allerdings verlockend: Schon ab 17 Grad bekommen vietnamesische Kinder schulfrei, erzählte Hai Bluhm, die Vorsitzende des Vereins Vietnamesischer Frauen „Song Hong“, gestern in der Kinderabteilung der Stadt- und Landesbibliothek am Kanal. Zuhause bleiben dürfen die Kinder dann wegen der Kälte, versteht sich. Und es kommt noch besser: Die Sommerferien in Vietnam dauern von Mitte Mai bis Anfang September, berichtete Bluhm und hatte damit die 23 Schüler der Klasse 4a der Eisenhart-Grundschule endgültig auf ihrer Seite. Auf den gedanklichen Ausflug in das fernöstliche Land ließen sie sich gerne ein und fragten viel nach.

Anlass des Besuches war eine Fotoausstellung, die gestern in der Bibliothek eröffnete: Linke-Politiker Klaus-Uwe Gunold präsentiert dort als Teil der „Interkulturellen Woche“ Bilder einer Reise nach Vietnam. Etwa 400 Vietnamesen leben momentan in Potsdam.

Der Verein „Song Hong“ spendierte den Besuchern auch Kostproben von landestypischen Speisen: Frischen Ingwer zum Beispiel, den nicht nur die zehnjährige Xenia „richtig scharf“ fand. Besser kam die Pomelo an – eine Art Pampelmuse ohne bitteren Geschmack. Außerdem konnten die Kinder frisch geröstete Erdnüsse, Long Nham – Litschi-artige Früchte mit langem Stiel – und süßen, geleeartigen Mondkuchen kosten.

Den gibt es traditionell zum Vollmondfest, erklärte Bluhm. Gefeiert wird das zweitwichtigste Fest neben dem Neujahrsfest heute: Dabei versammeln sich die Familienmitglieder mit Laternen auf dem Hof, singen gemeinsam und erwarten den Mondaufgang.

„Gibt’s da auch Sushi?“, fragten die Schüler weiter und: „Esst ihr mit Stäbchen?“ Ja, immer, erklärte Bluhm geduldig. Nur Kinder unter drei Jahren bekämen zum Essen einen Löffel. Gebratene Nudeln, wie sie bei deutschen Asia-Imbissen oft verkauft werden, würden in Vietnam übrigens sehr selten gegessen, berichtete Bluhm – dagegen stehe Reis täglich auf dem Speiseplan.

Auch typische Kleider hatte die Vereinsvorsitzende mitgebracht: Hedda, Xenia und Marie schlüpften in die schmalen, wadenlangen Kleider in leuchtenden Farben mit Blumenmuster. „Angenehm seidig“, beschrieb die achtjährige Marie das Tragegefühl.

„Gibt es Geschenke zu Weihnachten?“, fragten die Kinder und erhielten die ernüchternde Antwort: „Nein, nie.“ Auch auf die Frage nach dem Geburtstag musste Bluhm einräumen: „Man feiert nicht so groß wie hier.“ Ältere Menschen feierten sowieso nicht jeden Geburtstag, sondern nur die runden, erklärte sie zum Erstaunen der Schüler.

Offene Münder gab es auch bei der Erklärung des „Schichtsystems“, das an vietnamesischen Schulen praktiziert wird: Weil es zu wenig Platz gab, hätten die Schüler an ihrer Schule in drei Schichten nacheinander gelernt, erinnerte sich Bluhm. Wenn man Pech hatte, war man bis Mitternacht beschäftigt.

„Ich würde gerne mal hinfahren“, sagte die neunjährige Hedda am Ende. „Es gibt Vorteile und Nachteile“, befand dagegen Marie abschließend: Die Kleider hätten ihr zwar gefallen, „aber man bekommt nicht so viele Geschenke“.

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