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Keine Ruhe. Das Wohnungsbordell befindet sich im obersten Stockwerk.

© H. Kramer

Landeshauptstadt: Kampf gegen das Gestöhne

Drewitzer Mieter wehren sich seit Monaten gegen ein Wohnungsbordell in ihrem Plattenbau

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Drewitz - Der Hinweis im Treppenhaus ist eindeutig. „Hausverbot für alle Personen, die in der Wohnung IV. Obergeschoss, links rechts, erotische und/ oder sexuelle Dienstleistungen jeglicher Art in Anspruch nehmen“, heißt es auf einem Aushang der Hausverwaltung. Bei Zuwiderhandlung wird mit Strafanzeigen gedroht. Doch genützt hat das bisher wenig.

Denn seit knapp einem Jahr sind Mieter eines trostlosen Plattenbaus in der Fritz-Lang-Straße entnervt: Seit in einer Wohnung dort eine Art Mini-Bordell betrieben wird, beschweren sie sich über benutzte Kondome im Hausflur – und nächtliche Ruhestörung. „Das Gestöhne schallt direkt durch die Wände“, sagt ein Mieter, der unter der Wohnung lebt und aus Furcht vor rachsüchtigen Zuhältern seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Fast wöchentlich würden die Damen ausgetauscht. Seit vergangenem Dezember wehren sich die Anwohner gegen das unliebsame Etablissement, haben sich an die Stadtverwaltung, die Polizei und Politiker gewandt – inzwischen sogar mit erstem Erfolg.

So hat sich jetzt die Potsdamer SPD-Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein der Sache angenommen. „Es geht hier um enorme Störungen im privaten Lebensumfeld, die nicht hinnehmbar sind“, teilte sie am Freitag mit. Deswegen habe sie sich an den Vermieter, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), gewandt – deren Verwaltung hatte zwischenzeitlich die Mieten der ohnehin entnervten Bewohner erhöht. Das sei nun zurückgenommen – im Gegenteil würden die Betroffenen nun eine angemessene Mietminderung erhalten, so Wicklein.

Zugleich hat die Bundesanstalt rechtliche Schritte gegen den eingetragenen Hauptmieter der Wohnung unternommen. Doch der Mieter habe auf eine Abmahnung, die Unterkunft nicht mehr für bezahlte Schäferstündchen zu nutzen, nicht reagiert, heißt es in Informationsschreiben der Bima an die Mieter. Schon Anfang des Jahres – also vor mehr als neun Monaten – sei die Wohnung gekündigt worden. Allerdings habe der Mieter dann den Schlüssel zur Wohnung einfach nicht herausgegeben, so die Bima. Inzwischen ist eine Räumungsklage eingereicht, über die das Potsdamer Amtsgericht noch in diesem Monat befinden soll. Im Rotlicht-Bereich gibt es bereits einschlägige Urteile: Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte etwa im August entschieden, dass Bordelle in Wohngebieten nichts zu suchen haben. In Gewerbegebieten sei dagegen nichts einzuwenden.

Der Gang vor Gericht war das letzte Mittel – alle anderen Versuche der Anwohner liefen ins Leere. Es wurde in Anzeigenblättern weiterhin für Sex-Treffen mit Frauen in der Wohnung geworben. Den Behörden aber waren die Hände gebunden. Zwar gab es einige wenige Einsätze in dem Haus – vor allem wegen Streitereien um die Bezahlung. Doch Prostitution an sich ist keine Straftat, sagte Polizeisprecherin Jana Birnbaum. Die Erfassung und Kontrolle von Prostituierten obliege den kommunalen Ordnungsbehörden – also der Stadt.

Dort habe sich die Bauordnungsbehörde um die Beschwerden gekümmert und den Eigentümer – also die Bima – aufgefordert, die Nutzung zu untersagen, sagte Stadtsprecher Jan Brunzlow. Das sei geschehen. Zudem könne man bei nächtlicher Ruhestörung eine Anzeige bei der Polizei erstatten. Mehr könne die Stadt allerdings nicht tun: „Allein moralische Bedenken und sittliches Empfinden reichen nicht aus, um Prostitution zu untersagen“, sagte Brunzlow. Das hätten Gerichte bereits Mitte der 1980er-Jahre entschieden. Über die besagte Räumungsklage gegen die Wohnung in Drewitz wird am 29. Oktober entschieden.

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