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Bei Obstbauer Gerhard Neumann gibt es unter anderem Kirschen zur Selbsternte.

© Sebastian Gabsch

Obsternte in Potsdam: Kampf um die Kirsche

Die Selbstpflücksaison bei Potsdams Obstbauern läuft - wegen der Wetterkapriolen mit gemischtem Erfolg. Auch Stare sind ein Problem. Was Selbstpflücker an diesem Wochenende erwartet.

Potsdam - Erst war der April viel zu kühl, dann gab es Schnee Anfang Mai, einen viel zu trockenen Juni und nun Dauerregen: Für Potsdams Obstbauern ist das Wetter in diesem Jahr eine Herausforderung. Trotzdem läuft die Selbstpflücksaison auf dem Obstgut Marquardt und bei Neumanns Erntegarten in Bornim – mit teils eingeschränktem Angebot.

Keine Aprikosen, weniger Süßkirschen, aber gute Aussichten bei Sauerkirschen und Pfirsichen

In Marquardt ist zum Beispiel die Aprikosenernte wegen des Frühjahrsfrosts komplett ausgefallen, wie Mitarbeiter Torsten Kummert auf PNN-Anfrage sagte. In normalen Jahren wäre vergangene Woche Ernte gewesen. Auch bei den Süßkirschen gab es Frostschäden. Allerdings können auf dem Obstgut an der B 273 trotzdem Kirschen geerntet werden – in geringerem Umfang. Auf einer rund anderthalb Hektar umfassenden Fläche mit alten Bäumen verschiedener Sorten – ursprünglich angelegt als Versuchsanlage – könne an diesem Wochenende geerntet werden. Geöffnet ist ab 9 Uhr, wegen der niedrigen Erntemenge nur bis 15 Uhr. Abhängig vom Wetter könnte es am kommenden Wochenende noch einmal Selbsternte für Süßkirschen geben. In zwei bis drei Wochen starte dann die Sauerkirschsaison, auch für die Pfirsiche ist Kummert zuversichtlich.

Bei den Erdbeeren sieht die Situation dank einer ausgefeilten Bewässerungsanlage recht gut aus: Am Obstgut wird unter den Erdbeeren, die alle drei Jahre neu gepflanzt werden, ein sogenannter Tröpfchenbewässerungsschlauch in die Erde gebracht, wie Kummert erklärt. Die Bewässerung im Boden kann dann reihenweise zu- oder abgeschaltet werden. Entwickelt wurde die Technik ursprünglich für Apfelbäume, aber sie habe sich auch bei den Erdbeeren bewährt.

Starker Regen bringt Kirschen zum Platzen - dann müssen sie sofort geerntet und verzehrt werden

In Hitzestress können die Pflanzen trotzdem geraten. „Dann verläuft die Reifung zu schnell, einige Früchte sind wie gekocht“, erklärt Torsten Kummert. Auch die Süßkirschen seien in der Trockenperiode bewässert worden – mit dem Wasserwagen. Wenn es nach wärmeren Tagen zu Wolkenbrüchen wie in dieser Woche kommt, kann das die Früchte zum Platzen bringen. „Der Baum drückt das Wasser in die Früchte“, erklärt Kummert. Geplatzte Kirschen müssten noch am selben Tag geerntet und verzehrt werden. „Nach spätestens 24 Stunden fängt die Fäule an.“

Auch bei Neumanns Erntegarten am Heineberg bei Bornim kann derzeit geerntet werden – an diesem Wochenende reichlich, da wegen des Regens unter der Woche wenig geerntet wurde, wie Obstbauer Gerhard Neumann den PNN sagte. Die Selbsternte ist jeweils Mittwoch bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr möglich, der Hofladen hat bis 18 Uhr geöffnet.

Erdbeeren, Stachelbeeren, Johannisbeeren und Süßkirschen

Derzeit ist die Erdbeersorte Magnus reif. Auch Stachelbeeren und Rote Johannisbeeren der Sorte Jonkheer van Tets sind erntereif, ab dem morgigen Sonntag können auch die ersten Schwarzen Johannisbeeren gepflückt werden – allerdings erwartet Neumann wegen des Frostes hier nur rund 20 Prozent des üblichen Ertrags, ähnlich wie auch bei den Äpfeln. Bei den Aprikosen verzeichnet er – genau wie in Marquardt – einen Totalausfall. Zwar habe er die Bäume per Frostschutzberegnung vor dem Erfrieren bewahren können. Aber wegen der kalten Witterung seien die Bienen nicht geflogen. „Das Frühjahr war kein Frühjahr für die Obstbauern“, bilanziert der 82-Jährige. Für eine Einschätzung des gesamten Jahres sei es aber noch zu früh.

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Bei den Süßkirschen erwartet Neumann immerhin eine Vollernte – sie hätten den Frühjahrsfrost dank des Frostschutzes größtenteils überstanden. „Zwei Sorten sind durch den Dauerregen jetzt geplatzt, aber die anderen sind noch fantastisch“, sagt Neumann. Weil die Bäume besonders im oberen Kronenbereich reichlich tragen, er aber Kund*innen aus Sicherheitsgründen nicht auf hohe Leitern steigen lassen möchte, greift er auf einen Trick zurück: „Die Äste werden angesägt, so dass sie abkippen – dann können die Leute die besten Kirschen von der Erde aus pflücken.“

Stare können die Kirschernte zunichte machen

Sowohl in Bornim als auch in Marquardt bereiten den Obstbauern neben dem Wetter auch die Stare Sorgen. Pro Tag rund 20 Schwärme mit je 300 bis 500 Tieren versuchten ihr Glück, sagt Neumann. „Wenn wir es nicht schaffen, die zu verscheuchen, beträgt der Schaden 100 Prozent.“ Nicht nur essen die Tiere Kirschen oder picken sie an: „Sie exkrementieren die Kirsche voll, die Bäume sehen grauenhaft aus.“ Auch Torsten Kummert berichtet von Verlusten: „Die Vögel gehen erst raus, wenn Menschen kommen.“


Neumann behilft sich mit einem sogenannten Propanknallgerät, das im Halbstundentakt drei schussartige Knallgeräusche abgibt – wochentags ab 6 Uhr, am Wochenende ab 7 Uhr. Weil die Stare aber schon ab 5 Uhr unterwegs sind, seien mindestens zwei bis drei Personen zusätzlich mit Kochtopfdeckel-Lärm und Schreien als Vogelscheuchen unterwegs. Nach Beschwerden von Anwohnern über die Knalle sei mittlerweile ein Schallschutz angebracht worden, der den Lärm um 50 Prozent reduziere, sagt Neumann.

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