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Von Guido Berg: Kampfansage an „Passantenstopper“

Karstadt-Chef Kirchfeld fordert Durchsetzung der Werbesatzung / Beck: Stadt hat zu wenig Personal

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Innenstadt - Die Stadt Potsdam sieht sich nach eigenem Bekunden nicht in der Lage, der Schilderplage in der Innenstadt Herr zu werden. „Wir haben nicht das Personal, uns auch noch um Werbeträger zu kümmern“, erklärte Markus Beck, Chef des Bauordnungsamtes, am Dienstagabend bei einer Veranstaltung der Reihe „Potsdamer Mitte im Dialog“, die sich das Problem des Schilder-Wahns insbesondere in der Einkaufsmeile Brandenburger Straße zum Thema gemacht hatte. Diese auch als „Passantenstopper“ bezeichneten Werbeaufsteller werden insbesondere durch Blinde und Sehschwache scharf kritisiert, etwa in dem sie die vollgestellten Fußgängerzonen überdrastisch als „No-go-Areas“ für Behinderte bezeichneten. Erst jüngst hatte sich Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) mit den Worten in die Debatte eingebracht, es könne nicht sein, „dass der kleinste Laden das größte Schild hat“.

Der „größte Innenstadthändler“, Harald Kirchfeld, Chef des Karstadt-Kaufhauses, fordert in des selbst ein Durchgreifen der Verwaltung: „Was nützt uns die beste Werbesatzung, wenn sie nicht eingehalten wird?“ Er habe „kein Verständnis dafür, wie die Stadt aussieht“, so Kirchfeld. Und weiter: „Wir müssen dem Wildwuchs Einhalt gebieten.“ Selbst Kunden kritisierten das Erscheinungsbild der Brandenburger Straße. Kirchfeld: „Wir schaden uns selbst, wenn wir die Satzung nicht umsetzen.“ Aus Sicht der Behinderten sei die Situation „unerträglich“. Rücksicht zu nehmen sei „eine Frage des persönlichen Stils“, sagte Kirchfeld, der sich als Verbündeter im Kampf gegen die Schilder- und Warenflut auf dem Gehweg anbot: „Ich sitze mit im Boot.“

Dort Platz genommen hat auch Wolfgang Cornelius (CDU), Chef der AG Innenstadt. Er erklärte: „Mir haben Betroffene klar gemacht, dass der Leidensdruck zu groß ist.“ Nun habe die Interessenvertretung der Innenstadthändler den Beschluss gefasst, das Schilder-Problem anzugehen. Es habe im Zuge dieses Beschlusses Austritte von Mitgliedern der AG Innenstadt gegeben. Cornelius: „Wir nehmen das in Kauf.“ Zu der vom Chef der Wirtschaftsförderung, Stefan Frerichs, geäußerten Befürchtung, bei Durchsetzung der Werbesatzung hagele es Beschwerden beim Oberbürgermeister, sagte Cornelius: „Das werden wir nicht tun. Wir wissen, das sind wir Potsdam schuldig.“ Es müsse die Regel gelten, ein Aufsteller und ein Fahrradständer pro Geschäft. Diese dürften nur im unteren Kleinpflasterbereich aufgestellt werden. Der Gehweg mit den für Rollstuhlfahrer wichtigen großen Gehwegplatten aus Granit müsse frei bleiben und sei für Aufsteller und Waren „absolut tabu“. An die Adresse der Stadt sagte Cornelius: „Freiwillige Selbstkontrolle funktioniert nicht.“ Es müsse klare und kontrollierte Vorschriften geben, „ohne Ausnahmen“. Harsch griff Cornelius Ramschwaren-Händler in der Brandenburger Straße an: „Wir ruinieren unseren Ruf durch einen kitschigen Auftritt!“

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