Landeshauptstadt: Kankarowitsch ist nicht mehr Diakonie-Chef Insolvenzverfahren soll im Februar beginnen
Das insolvente Diakonische Werk Potsdam zieht personelle Konsequenzen. Wie Vorstandschef Frank Hohn den PNN auf Anfrage bestätigte, ist der langjährige Geschäftsführer Marcel Kankarowitsch nicht mehr im Unternehmen tätig.
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Das insolvente Diakonische Werk Potsdam zieht personelle Konsequenzen. Wie Vorstandschef Frank Hohn den PNN auf Anfrage bestätigte, ist der langjährige Geschäftsführer Marcel Kankarowitsch nicht mehr im Unternehmen tätig. Zu den Modalitäten der Trennung – etwa ob der 52-Jährige eine Abfindung erhalten habe, ob er fristlos gekündigt wurde oder von sich aus ging – machte Hohn keine Angaben. Zugleich betonte er, es gebe aktuell keine Anzeichen zum Verdacht der Untreue oder Bereicherung gegen den früheren Geschäftsführer.
Kankarowitsch hatte den Sozialträger, inzwischen einer der größten in Potsdam, fast zwei Jahrzehnte geführt. Zudem war er lange Jahre stimmberechtigtes Mitglied im Jugendhilfeausschuss – auch von diesem Posten ist er zurückgetreten. Zudem gehörte er zu den Gesellschaftern, die 2009 das Waschhaus in der Schiffbauergasse übernahmen. Kankarowitsch sagte den PNN, derzeit wolle er sich zu der gesamten Angelegenheit öffentlich nicht äußern.
Wegen der finanziellen Schieflage bei der Diakonie hatte der Verein im November einen Insolvenzantrag gestellt. Zur Begründung hieß es, es habe „systematische Abrechnungs- und Beantragungsfehler“ durch das Diakonische Werk gegeben – der Verein erhält unter anderem von der Stadt Potsdam und dem Landkreis Potsdam-Mittelmark Zuschüsse für den Betrieb von Kitas und anderen sozialen Einrichtungen. Unter anderem soll in Kitas des Trägers Personal abgerechnet worden sein, dessen Beschäftigung durch die städtische Kita-Finanzierungsrichtlinie nicht gedeckt war. Dadurch sind allein bei der Stadt Zahlungsrückforderungen in Höhe von mehreren Hunderttausend Euro entstanden. Nicht bestätigen wollte Hohn Medienberichte, wonach die Summe aller Forderungen mittlerweile die Millionengrenze übersteigen soll.
Nun muss der Träger saniert werden. Laut Hohn soll das eigentliche Insolvenzverfahren im Februar beginnen. Man arbeite an einem Gesamtkonzept, sodass alle Arbeitsbereiche des Diakonischen Werkes erhalten bleiben könnten, sagte Hohn. Der Verein hat einen Jahresumsatz von etwa zehn Millionen Euro, zwei Drittel davon werden mit Kitas in Potsdam und Umgebung verdient. Das Diakonische Werk betreibt zudem das Flüchtlingsheim am Schlaatz sowie Beratungs- und Sozialangebote für Familien und Jugendliche. Beschäftigt werden rund 240 Angestellte.
Zu deren Zukunft sagte Hohn, er könne nicht mit Bestimmtheit sagen, ob jeder Arbeitsplatz erhalten werden könnte. Auch könne er nicht ausschließen, dass einzelne Bereiche in andere Träger überführt werden – ein Beispiel dafür gibt es schon. So soll die therapeutische Fachambulanz der Justiz im Land Brandenburg – in ihr werden Straftäter therapiert, die rückfallgefährdet sind – künftig vom städtischen Klinikum „Ernst von Bergmann“ betrieben werden. Hohn sagte, jeder Entscheidung zur Sanierung müsse ein Gläubigerausschuss zustimmen.
Vorerst vom Tisch ist eine Umwandlung des Vereins in eine gemeinnützige GmbH. Darüber werde erst nach der Sanierung entschieden, sagte Hohn. Allerdings sei fraglich, ob ein Verein tatsächlich der richtige Rahmen für einen Sozialträger dieser Größe sei. Im Zuge der Krise war im September der komplette Vorstand des Diakonischen Werks zurückgetreten. Auch der Superintendent der evangelischen Kirche in Potsdam, Joachim Zehner, hatte bereits gesagt, für ihn zeige der Fall, dass sich ein Sozialträger in der Größe des Diakonischen Werks nicht in Vereinsform und nur mit ehrenamtlichen Vorstandsmitgliedern führen lasse. Der evangelische Kirchenkreis in Potsdam ist Mitglied des Diakonie-Vereins – wie auch die evangelische Hoffbauer-Stiftung, deren Vorsitzender wiederum der neue Diakonie-Chef Frank Hohn ist. Die Stiftung hatte die Diakonie ursprünglich auffangen wollen – doch nach Bekanntwerden erheblicher Abrechnungsprobleme war die Diakonie laut Hohn verpflichtet, den Insolvenzantrag zu stellen.Henri Kramer
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