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Landeshauptstadt: Karate, Kneipe und die Mädels Ralf Hildebrandt von der Hohlen Birne wurde 50

Von Hella Dittfeld Mittelgroß, spiegelblanke Glatze, Schalk in den Augen und ein flottes Mundwerk – wenn jemand das Attribut stadtbekannt für sich verbuchen kann, dann Ralf Hildebrandt, Gastwirt der „Hohlen Birne“ in der Mittelstraße. Statt der ausgeleierten T-Shirts in Schwarz, die er aus Bequemlichkeit gern überstreift, trägt er diesmal einen roten Pullover.

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Von Hella Dittfeld Mittelgroß, spiegelblanke Glatze, Schalk in den Augen und ein flottes Mundwerk – wenn jemand das Attribut stadtbekannt für sich verbuchen kann, dann Ralf Hildebrandt, Gastwirt der „Hohlen Birne“ in der Mittelstraße. Statt der ausgeleierten T-Shirts in Schwarz, die er aus Bequemlichkeit gern überstreift, trägt er diesmal einen roten Pullover. „Zu meinem 50. Geburtstag haben mich Freunde unter den Arm genommen und zum Einkaufen geschleppt.“ Von Kopf bis Fuß sei er eingekleidet worden und habe den Befehl erhalten: „Nie wieder Schwarz oder Grau.“ Daran hält er sich im Moment noch, obwohl Hildebrandt nicht gerade der Mann ist, der brav in der Spur läuft. Im halben Jahrhundert des Ralf Hildebrandt war immer etwas los und in der Stasiakte heißt es, er lebe „amoralisch, asozial und sexuell ausschweifend“. Hildebrandt lacht, er liebe die Frauen und auch jetzt in seiner Kneipe würden sie freundlich „betüttelt“, wie er es ausdrückt. Aber „seinen Frauen“ sei er partiell immer treu gewesen und habe zu allen ein sehr gutes Verhältnis. Zum 50. Geburtstag seien immerhin elf erschienen und hätten sich blendend unterhalten. Auch beruflich war vor der Kneiperkarriere einiges los. Ausgebildet im Maschinen- und Anlagenbau, Kunstschlosser am Theater, Stuntman bei der Defa, Judoka und schließlich Manager einer eigenen Karate-Show seit 1983. Man sei im letzten Dorf, aber auch im Friedrichstadtpalast aufgetreten, erzählt der gebürtige Berliner, der 1988 das Holländerhaus in der Potsdamer Mittelstraße 19 für 400 DDR-Mark kaufte, in dem so ziemlich alles marode war. Nach acht Jahren sei endlich das Haus so weit in Schuss gewesen, dass er mit Frau und Sohn einziehen konnte. Und da sich sein Philipp ein Haustier gewünscht habe, sei ein Entenpärchen angeschafft worden. Nach zwei Jahren hätten sich 70 Flugenten auf dem Hof getummelt. Davon sei manche in den Kochtopf gewandert, das Stammpaar Erwin und Hildegard aber habe ein biblisches Alter erreicht. Insgesamt zwei Millionen D-Mark steckte Hildebrandt in die Sanierung und eröffnete schließlich 1994 eine der ersten Kneipen im Holländischen Viertel. Und die lief von Anfang: Die ersten drei Jahre sei jeden Abend Party gewesen, meint er. Das Bier könne in Strömen fließen, über 40 Sorten habe er, wobei das Kirschbier der Renner sei. Die Damen, meint der Kneipenchef, griffen gern zum Spezial- oder Starkbier. „Die vertragen einiges, die Mädels“, sagt er anerkennend und meint damit seine Stammgäste, die meist in den mittleren Jahren sind. Die „Hohle Birne“ heiße übrigens nicht so, weil man nach zu viel Alkohol eine bekommen könne, sondern sie sei nach dem Birnbaum benannt, der das Innere der Kneipe ziere. Es sei keine Studentenkneipe, eher eine fürs gestandene Publikum, das sich zu 20 Prozent aus Potsdamern, zu 80 Prozent aus Berlinern und Touristen zusammensetze, darunter mancher Promi aus der Film- und Fernsehszene, aber auch viele Sportler. Denn zum Sport hat Hildebrandt nach wie vor enge Verbindung und so schauen kontinuierlich Turner, Rugbyspieler und die Frauenfußballerinnen herein, zum Essen und zum Feiern. Das Essen ist wie der Kneipenchef kernig, deutsch und so gut, dass es sogar vom „Feinschmecker“-Journal gelobt wurde. Die Einrichtung ist übrigens so urig, dass sie schon für Tatorte, „Unser Charly“-Szenen und Fernsehfilme als Kulisse diente. Dass Hildebrandt keine Ruhe findet, wirkt sich auch zum Nutzen von Potsdam und der innerstädtischen Gastronomieszene aus. An der Organisation der 1. Potsdamer Erlebnisnacht war er maßgeblich beteiligt und er sitzt schon wieder mit den Organisatoren der zweiten im Februar zusammen, die mit mehr Wärme und Licht ausgestattet werden soll. Auch bei anderen Stadtfesten will sollte die Mittelstraße künftig stärker mitmischen, meint Hildebrandt, der täglich zwischen 10 und nachts zwei, drei Uhr für seine Gäste zu Gange ist. Und wenn er mal privat ausflippen möchte, könne er sich auf seine drei festen Angestellten voll verlassen.

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