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KATJES: Katjes ost ost ost

Ein Potsdamer Brausebonbon soll Erinnerungen an die DDR wecken und für Katjes den Ostmarkt öffnen

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Babelsberg - Philipp probiert als Erster: Das rote Bonbon mit der Brause in der Mitte, die seiner Mama Kerstin Rank gehört. Direkt vom Fließband nimmt er sich eines der tausenden Bonbons, die seit gestern vom Band des Katjes-Werkes in Babelsberg purzeln. Es ist das neueste Produkt des westdeutschen Unternehmens, das mit dem Brausepulver-Bonbon made in Potsdam den ostdeutschen Markt erobern will. Und so verweist Katjes-Chef Tobias Bachmüller darauf, dass dies ein echtes Ostprodukt sei. Es wird im Osten produziert, es wird von Ostdeutschen produziert und es soll den Geschmack der DDR auf der Zunge in Erinnerung rufen – Katjes reitet somit 20 Jahre nach dem Mauerfall auf einer Ostalgiewelle.

Bachmüller kann Produkte verkaufen, dass hat er oft genug bewiesen. Er hat die Tabakmarke „West“ von Reemtsma bekannt gemacht, mischte bei Jacobs im Kaffeegeschäft mit und arbeitete für Milka, bevor er inzwischen vor mehr als einem Jahrzehnt zu Katjes gewechselt ist. Die Zeitung „Financial Times“ schrieb einmal über ihn: „Zigaretten, Kaffee, Schokolade: Wie ein roter Faden zieht sich durch seine Karriere, wovon der Hausarzt abrät.“ Jetzt sind es die Bonbons – vom Fruchtgummi, für das einst Heidi Klum geworben hat, über Fruchtbonbons bis hin zum Brausepulver-Bonbon. Das neue, das zweite seiner Art in der Angebotspalette des drittgrößten deutschen Süßwarenherstellers. Es gibt bereits ein Ahoi-Brausebonbon, doch der Osten hat wohl seinen eigenen Geschmack. Denn das neue Brause- Bonbon soll den Osten erobern, einen Markt mit 15 Millionen Menschen. „Wo gibt es so etwas sonst“, fragte Bachmüller. Die Idee gebe es schon lange, über Internet sei der Kontakt zu Kerstin Rank entstanden.

Rank, eine Frau Ende Dreißig, betreibt mit ihrem Mann einen Laden mit Ostprodukten in Leipzig. 40 Quadratmeter ist der groß, doch der Absatz schwindet. Die großen Ketten haben den Geschmack des Ostens seit Langem entdeckt und ihn in ihren Regalen platziert, für einen kleinen Einzelhändler für Kerstin Rank keine schöne Entwicklung. Dennoch, die Leute würden die Ostprodukte lieben und so sei die Idee entstanden, eine Brause zu mischen, wie es sie früher im Osten gegeben hatte. Brause Plus. Einziges, aber größtes Problem – wer hat das Rezept? Keiner, nicht einmal die Firma, die einst in Leipzig das Brausepulver für die Menschen zwischen Kap Arkona und Fichtelberg hergestellt hat, gibt es noch. Einzig der Geschmack ist geblieben, in der Erinnerung von Kerstin Rank und ihrem Mann André. Seit über einem Jahr gibt es das neue Brausepulver mit dem alten Geschmack, an dem so viele Kindheitserinnerungen hängen sollen. Etwa 1,2 Millionen der kleinen Tütchen haben Lanks bis heute davon verkauft, die Namens- und Produktrechte haben sie auch.

Katjes hat dagegen die traditionelle Ahoi-Brause im Bestand und auch das dazugehörige Bonbon. Nicht genug, das Unternehmen wollte auch Brause Plus kaufen. Doch Lanks verkauften nicht. Aber sie boten Katjes die Lizenz für die Produktion eines Bonbons an, in dem ihr Brausepulver ist. Produktion und Vertrieb managt Bachmüller mit Katjes von Potsdam aus, mehr als vier Millionen Tonnen sollen produziert werden. Und wie schmecken Sie nun? Dem zehnjährigen Philipp Lank schmecken sie gut. Einen Unterschied zwischen der Ahoi-Brause und der Brause seiner Mama schmeckt er allerdings nicht. Jan Brunzlow

Katjes hat im Oktober 2006 seinen dritten deutschen Produktionsstandort in Babelsberg eröffnet. Das Unternehmen hat dafür die Bonbon-Produktion in Italien und Finnland eingestellt und in Potsdam zwölf Millionen Euro investiert. Inzwischen arbeiten 56 Mitarbeiter im Zweischichtsystem. Der Umsatz sei im vergangenen Jahr um 27 Prozent gestiegen. Dieses Jahr sollen 3500 Tonnen Bonbons produziert werden. Es gibt einen Werksverkauf in der Wetzlarer Straße. jab

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