Landeshauptstadt: Kein Kreuzweg
Universität hat 2900 neue Studierende aufgenommen
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Universität hat 2900 neue Studierende aufgenommen Sarah ist Anfang 20. Nach einer Ausbildung zur Buchhändlerin ist sie aus Esslingen nach Potsdam gekommen. Hier wird sie Anglistik und VWL studieren. Sie hat ein gutes Gefühl dabei. Während in ihrer schwäbischen Heimat immer mehr Geschäfte schließen würden, spürt sie hier in der Stadt Gründergeist. Dass ein Plakat bei der Begrüßung der Erstsemester der Universität Potsdam gestern im Hans Otto Theater mahnte, die Universität habe überfüllte Hörsäle aber keine Bücher, stört die junge Frau nicht wirklich. Natürlich sei es ärgerlich, dass man sich um die Plätze in den Seminaren reißen müsse. Aber das sei an den meisten Universitäten so. Seit einigen Tagen wohnt sie in einer, wenn auch etwas zu teuren Wohngemeinschaft. Für Sarah ist Aufbruchstimmung. Von Aufbruch sprach auch Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Potsdam sei ständig in Veränderung, egal ob am derzeit von archäologischen Grabungen durchzogenen Alten Markt oder bei der Bewerbung zur Stadt der Wissenschaft 2006 oder zur Kulturhauptstadt 2010. In der mit rund 19 000 Studierenden größten Hochschulstadt Brandenburgs sei nichts von der Lethargie zu bemerken, die manch einer im übrigen Deutschland verspüre. Jakobs versprach den 2869 neuen Uni-Studierenden, von denen jeder vierte aus Berlin kommt, viele praxisnahe Projekte in Zusammenarbeit von Stadt und Hochschulen. Und wer mit einem guten Examen abschließe, könnte anschließend vielleicht auch einen Arbeitsplatz an den rund 40 außeruniversitären Instituten der näheren Umgebung finden. Da fielen die Worte der neuen Vorsitzenden der Studierendenvertretung AStA, Ute Rühling, schon weitaus kritischer aus. Sie erinnerte noch einmal daran, dass von den weit über 20 000 Bewerbern in diesem Semester nur ein kleiner Teil das Studium in Potsdam beginnen konnte. Und auch daran, dass durchschnittlich nur die Hälfte der zahlreich versammelten neuen Semester ihr Studium überhaupt beenden könnten. Damit sich das ändert, rief sie die Neuen auf, sich einzumischen und zu engagieren. Nicht nur an ihrer Hochschule, auch im Stadtgeschehen. Universitätsrektor Wolfgang Loschelder hat die genauen Zahlen. 16 546 Studierende zähle die Hochschule nun, Bewerbungen habe man 24 000 bekommen, von rund 16 000 Bewerbern. „Wir könnten also wesentlich mehr Studierende aufnehmen, wenn wir die Ressourcen dazu hätten.“ Dass dies ein „hochschulpolitischer Skandal“ sei, musste Loschelder schon in den vergangenen Jahren feststellen. Dass die Universität, wie auf dem Plakat angeprangert, keine Bücher habe, stimme zwar nicht. „Aber wir haben zu wenige Bücher“, so der Rektor. Dennoch: Loschelder beruhigte die Neuen an ihrem ersten Tag. Das Studium sei kein Kreuzweg. Und man werde weiter für bessere Studienbedingungen kämpfen. Das war zumindest bei Sarah angekommen. Ihre Zuversicht war nach der Begrüßung nicht getrübt. Jan Kixmüller
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