Homepage: Kein Lokalpatriot
Eine wissenschaftliche Tagung beschäftigte sich mit Friedrich dem Großen und seiner Beziehung zur Mark Brandenburg
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Die Trockenlegung des Oderbruchs, die „Entdeckung“ der Kartoffel und natürlich die Schlösser und Parkanlagen, die zu den Lebensstationen des preußischen Königs gehören, fallen heutigen Rezipienten ein, wenn sie König Friedrich II. und seinem Verhältnis zur Mark Brandenburg denken. Eine Tagung anlässlich des bevorstehenden 300. Geburtstags des Monarchen am 24. Januar 2012, veranstaltet unter anderen vom Historischen Institut der Universität Potsdam sowie der Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg e.V., versuchte den Blick auf den Monarchen und seine Landespolitik zu weiten. „Friedrich der Große und die Mark Brandenburg. Herrschaftspraxis in der Provinz“ nannten die Veranstalter die Tagung im Haus der Brandenburgischen-Preußischen Geschichte.
Professor Frank Göse, Historiker an der Potsdamer Universität, der wesentlich für die Konzeption der Tagung verantwortlich zeichnete, sagte zu Beginn der Veranstaltung, den König als überzeugten „Brandenburger“ zu etikettieren, hieße einem falsch verstandenen Lokalpatriotismus zu huldigen. Dies wäre zudem die nicht zeitgemäße Deutung für einen Monarchen der einem absoluten Regierungssystem vorstand. „Allenfalls scheint der Brandenburg-Bezug eher im dynastischen Denken des Königs auf. Die in den Jahren nach 1740 von Friedrich verfassten ,Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Hauses Brandenburg‘ geben zwar einen vielsagenden Einblick in seine Vorstellungswelt. Doch darin findet sich kaum eine Auslassung über die Landschaft oder eventuelle Eigenarten der Brandenburger“, so Göse.
Wie sah der König auf die Gesellschaft des Landes und wie nahmen die verschiedenen Bevölkerungsgruppen der Mark Brandenburg den König wahr? Diesen beiden Fragen gingen die Historiker in den vielschichtigen Vorträgen nach. So beleuchtete Frank Göse in seinem Vortrag das Verhältnis Friedrichs zum Adel der Mark Brandenburg. Er musste mit bissiger Kritik des Monarchen rechnen. Beispielsweise sprach er von den genusssüchtigen Adligen im Kurland. Sie würden weder den Geist der Ostpreußen noch die Solidität der Pommern besitzen. Gründe hierfür dürften in der stärkeren Verankerung des Adels innerhalb der aufstrebenden Metropole Berlin zu suchen sein. „Die Adelspolitik des Königs war insgesamt widersprüchlich. Er setzte sich zwar immer für das Bewahren der alten ständischen Ordnung ein. Doch im konkreten Einzelfall rangierte bei ihm Professionalität vor ständischer Herkunft. Und da konnte auch ein Bürger ein höheres Amt ausüben – ein Zeichen des „aufgeklärten Vernunftstaates‘“.
Über die Beziehungen des Königs zu „seinen“ märkischen Städten sprach Udo Geiseler aus Brandenburg an der Havel. Kontinuität war Friedrich dabei wichtig, doch auch eine vorsichtige Neuorientierung. Die Steuerräte, die von Friedrich Wilhelm I. als landesherrliche Aufsichtsbeamte 1726 eingesetzt wurden, reisten im Auftrag der Kriegs- und Domänenkammer durch die Städte und nahmen eine rigide Kontrolle der kommunalen Finanzen vor. Der durch hohe Militärausgaben belastete preußische Staat musste alle Finanzquellen herausfinden. Die Finanzräte mischten sich zum Ärger der Städte jedoch in fast alle Belange der Verwaltung ein. Nach dem Siebenjährigen Krieg, so der Referent, konnte man eine Schwächung des Kontrollsystems von Steuerräten konstatieren. Friedrich der Große schritt nicht ein. Udo Geiseler fragte sich, ob dies am Desinteresse des Königs lag oder an einer Neukonzeption. Auf alle Fälle wurde 1766 eine neue Steuerreform eingeführt. In dem Erlass des „Königlich Preußischen General-Oberfinantz-. Kriegs- und Domainen-Directoriums“ an die Provinzregierungen wird die „Verbeßerung des Wiesewachses und Verstärckung des Vieh-Standes“ gefordert, den „getreuen Unterthanen zu ihrem eigenen Vortheil“ gereichen. Wichtig für Friedrich war, dass „die Einkünffte eines solchen Land-Wirths ungemein vervielfältigt“ werden sollen. Auch damit konnte die Abgabe von höheren Steuern gesichert werden.
Doch Friedrich II. hatte insgesamt wenig Interesse an seinen Bürgern, nur so viel, was dem Gemeinwesen nützte, so Peter-Michael Hahn, der als Professor für Landesgeschichte mit dem Schwerpunkt Brandenburg-Preußen an der Universität Potsdam lehrt, in seinem Tagungs-Schlusswort. Dem König sei vor allem persönlicher Ruhm wichtig gewesen, verbunden mit einer starken Machtausübung und einer schlagkräftigen Armee. Hahn forderte mehr Kritikfähigkeit gegenüber dem Hohenzollern-König. „Den aufgeklärten Monarchen sollte man jedenfalls nicht überbewerten.“
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