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Sport: Kein Lotse an der Wegmarke

Carlo Czarnofski hat die Sportschule in Cottbus besucht und sich später bewusst gegen eine Fußball-Karriere entschieden. Jetzt spielt er in Michendorf

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An die Lauf-Duelle gegen Sebastian Mielitz kann sich Carlo Czarnofski noch gut erinnern. Bei 1000-Meter-Wettkämpfen auf der Bahn haben sie sich gejagt. Damals hat Carlo Czarnofski noch überlegt, ob er Leichtathlet oder Fußballer werden soll. Er entschied sich für Letzteres. „Ich mochte den Mannschaftssport lieber, sah mich nicht als den Einzelkämpfer. Ich mochte die Mannschaftsfahrten zu den Spielen und Fußball war medial viel präsenter als Laufen“, erzählt der heute 25-Jährige, der in Premnitz aufgewachsen ist. Mit 13 Jahren schaffte er den Sprung an die Sportschule nach Cottbus, wo er bei Energie Cottbus das Fußball-Abc täglich buchstabieren lernen konnte und mit Gleichaltrigen den Traum vom Profi-Fußballer träumte. Dort traf er auch Sebastian Mielitz wieder. Der ist heute Torhüter beim Bundesligisten SC Freiburg. Czarnofski ist Freizeit-Fußballer bei der SG Michendorf in der Landesliga.

Wenn sich am heutigen Freitagabend im Babelsberger Karl-Liebknecht-Stadion die U20-Auswahlmannschaften Deutschlands und der Schweiz gegenüberstehen, spielt auch der Traum junger Fußballer von einer erfolgreichen Karriere mit. Carlo Czarnofski hat ihn aufgegeben; er hat sich letztlich bewusst für Schule und Studium entschieden. Nicht dass er es nicht versucht hätte: Viereinhalb Jahre hat er in Cottbus fünf, sechs, sieben Tage pro Woche trainiert, in den Nachwuchsteams von Energie gespielt und es in den Bundesliga-Kader der B-Jugend geschafft. „Doch ich habe gemerkt, dass die Qualität, es bis nach ganz oben zu schaffen, nicht reicht“, sagt er. Rückenprobleme hätten zudem den Spaß am Fußballspielen reduziert. Vor allem aber hat Czarnofski die Erfahrung gemacht, dass an wichtigen Wegmarken einer Karriere auch die richtigen Leute navigieren müssen. Sein damaliger Trainer sei dieser Lotsen-Funktion nicht gerecht geworden. „Ich bekam wenig Einsätze, ohne zu wissen warum“, sagt er. Die Lust am Fußball ließ nach, stattdessen stieg das Bestreben, „einen soliden Schulabschluss zu machen", wie Czarnofski sagt.

Sich vom Wunsch einer Profi-Fußballkarriere zu verabschieden, „fiel in dem Moment leicht, als ich es entscheiden musste“, sagt er. Im Alter eines 17- oder 18-Jährigen ist „es wichtig, gesagt und erklärt zu bekommen, warum man nicht spielt“, meint Czarnofski. Es sei schade und unverständlich gewesen, dass ihm sein damaliger Trainer nicht aufgezeigt habe, was seine Defizite sind. „Mir war nicht klar, ob es grundsätzlich nicht reicht, oder ob ich es schaffen kann, wenn ich an meinen Schwächen arbeite.“ Dies selbst einzuschätzen, sei für ihn als damals jugendlicher Fußballer nicht möglich gewesen.

Bereut habe er seine Entscheidung nur kurz. Ein halbes Jahr später kam es zum Trainerwechsel. „Vielleicht hätte ich Geduld haben sollen“, habe Czarnofski damals für einen kurzen Moment überlegt. Doch gefielen ihm schnell die Vorzüge jenseits des Leistungssports: „Mehr Zeit für Freunde, kein tägliches Training, Freude am Studium.“ Nach viereinhalb Jahren Sportschule entdeckte er „eine neue Welt“, in der er nichts vermisst. Im kommenden Sommer wird er sein Bachelor-Studium beenden, dann einen MasterStudiengang beginnen: Er will Lehrer für Sport und LER werden. „Fußball ist für mich heute Hobby, Ausgleich, Bewegung, mein Fitmacher“, sagt Czarnofski, der in den vergangenen Jahren bei Optik Rathenow, Stahl Brandenburg und in Wittenberge spielte. In der vergangenen Saison lief er für die Potsdamer Kickers auf, jetzt kickt der ausgebildete Stürmer in der Michendorfer Defensivabteilung. Dessen Trainer Horst Strebe weiß, was er an dem 25-Jährigen hat. „Man sieht, dass Carlo gut ausgebildet ist und viel Spielverständnis mitbringt.“ Und auf dem Platz macht Czarnofski keinen Unterschied, ob er nun in der Landesliga oder – wie seine einstigen Mitschüler – in der dritten, zweiten oder gar Bundesliga spielt. „In einem Spiel bin ich ehrgeizig wie eh und je. Schließlich sollen die 90 Minuten ja keine Zeitverschwendung sein.“ P. Könnicke

P. Könnicke

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