Von Jana Haase: Kein Mann fürs Grobe
Als Kind bastelte Robert Samtleben Playmobil-Modelle – heute baut er Szenenbilder beim Film
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Es ist keine Zauberei, sondern Handwerk: Wenn sich ein Badezimmer plötzlich um die eigene Achse dreht oder ein ganzer Klassenraum mitsamt Schulbänken und Kindern geflutet wird, dann sieht das trotzdem nach Hexerei aus. Und das soll es ja auch. Welche Arbeit dahinter steckt, wenn „Hexe Lilli“ zum Film geht, kann man derzeit in der gleichnamigen Ausstellung des Filmmuseums Potsdam sehen. Dass am Ende auf der Leinwand alles perfekt wirkt, liegt an Leuten wie Robert Samtleben.
Der 36-jährige Potsdamer lächelt, wenn er von seiner Arbeit erzählt. Was er beim Art Department der Studio Babelsberg GmbH unter der Bezeichnung „Construction Manager“ macht, ist schließlich genau das, was er schon als Kind liebte: Erfinderisch basteln. „Vor der Wende habe ich mir alles nachgebaut, was man nicht bekam, Playmobil-Modelle zum Beispiel“, erinnert sich der Sohn der Potsdamer Galeristin Ute Samtleben. Heute sorgt er mit einem Handwerkerteam von Tischlern, Malern und Stuckateuren dafür, dass Szenenbilder so aussehen, wie der Szenenbildner sie sich vorstellt. Dass er mit „Hexe Lilli“ ausgerechnet bei einem Kinderfilm sein Debüt als Projektleiter erlebte, freut ihn besonders.
Beim Studio arbeitet Samtleben jetzt schon seit fünf Jahren. Nach dem Architekturstudium in Cottbus und Dresden will der gelernte Tischler 2003 zunächst einfach wieder „Werkzeug in den Händen halten“, erzählt er: „Das erdet einen richtig.“ Er ist mit dabei, als die Kulissen für Hollywood-Produktionen wie „Das Bourne Ultimatum“ oder „Beyond the Sea“ entstehen. Die Dynamik am Set beeindruckt ihn von Anfang an: „Es muss oft schnell gehen, spontane Ideen sind wichtig.“ Ganz anders als beim Studium, wo viel Zeit für Projekte bleibt.
Bald schon wird ihm klar, dass er „aus der Werkstatt in die Planung“ will: „Ich bin nicht so der Mann fürs Grobe“, sagt Robert Samtleben. Er assistiert verschiedenen Projektleitern, etwa bei Telenovelas, bereitet Ausstellungen vor. „Die Vielfalt der Projekte mag ich“, sagt er über seine Aufgaben beim Art Department. 2007 klappt es endlich mit dem ersten Film als „Construction Manager“: „Man kann auch Projektleiter sagen“, erklärt Samtleben.
Dass Englisch im Studio Arbeitssprache ist, daran hat sich der Potsdamer mittlerweile gewöhnt. Denn bei Hollywood-Produktionen kommen nicht nur Schauspieler und Regisseure aus Hollywood nach Babelsberg, sondern auch ein Teil des Teams. „Die Kommunikation läuft auf Englisch“, erzählt Robert Samtleben: Werkstatt heißt „workshop“, der Szenenbildner „set designer“.
Szenenbildner von „Hexe Lilli“ war der Österreicher Isidor Wimmer. Regisseur Stefan Ruzowitzky hatte ihn bereits für den in Babelsberg gedrehten und Oscar-prämierten Film „Die Fälscher“ verpflichtet. Die Zusammenarbeit mit Wimmer habe viel Spaß gemacht, erzählt Samtleben. „Bunt und phantasievoll“ charakterisiert er Wimmers Entwürfe.
Dass er für einen Oscar-Preisträger arbeitete, habe ihn nicht verunsichert: „Aufgeregt werde ich eher, wenn ich sehe, in welcher Zeit welche Dinge herzustellen sind“, sagt Samtleben. Wie zum Beispiel das Badezimmer, das sich bewegen muss, ohne dass die Schauspieler darin zu Schaden kommen. „Da ist Zusammenarbeit wichtig“, weiß Samtleben: „Dabei entstehen die besten Ideen.“
Samtlebens Arbeit beginnt schon Wochen vor dem eigentlichen Dreh – und endet manchmal erst mit der letzten Klappe – wie bei „Hexe Lilli“: Denn auch wenn die Szenenbilder bei den Aufnahmen fertig sein mussten, war später immer ein „Standby-Tischler“ vor Ort, um notfalls kleinere Änderungen vorzunehmen, erklärt der 36-Jährige. Zur Drehbetreuung gehört aber auch ein Handwerkerteam für schnelle Umbauarbeiten – etwa, wenn eine Szene aus verschiedenen Perspektiven gefilmt wird und deshalb Wände entfernt werden müssen.
Während Robert Samtleben auf den Kinostart des von Studio Babelsberg koproduzierten Disney-Films „Hexe Lilli“ noch bis zum 19. Februar 2009 warten muss, feiert der zweite Film, bei dem er Projektleiter war, bereits heute Weltpremiere – in New York: Es handelt sich um die Literaturverfilmung „Der Vorleser“ von Regisseur Stephen Daldry. Für den vom Studio koproduzierten Film standen unter anderem Kate Winslet, David Kross und Ralph Fiennes vor der Kamera.
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