Landeshauptstadt: Keine Feier ohne Wahlkampf
Babelsberger SPD-Sommerfest mit Wahlkampfreden von Platzeck und Wicklein vor 500 Besuchern
Stand:
Babelsberger SPD-Sommerfest mit Wahlkampfreden von Platzeck und Wicklein vor 500 Besuchern Babelsberg - Feiern ohne Wahlkampf konnte die SPD schon zum zweiten Mal in Folge nicht: Beim letzten Stadtteilfest der Partei im vergangenen Jahr sei die Situation ganz ähnlich gewesen, sagte Ministerpräsident Matthias Platzeck am Sonnabendnachmittag den rund 500 Besuchern auf dem Weberplatz. Nur ging es damals um die Landtagwahl: „Die Leute haben gesagt: Fahrt in den Urlaub, ihr habt doch keine Chance mehr!“ Aber Platzeck blieb Ministerpräsident. Diesmal war wieder Wahlkampf – nur noch drei Wochen sind es bis zur Neuwahl des Bundestags. Platzeck unterstützte die Potsdamer Direktkandidatin Andrea Wicklein und natürlich Bundeskanzler Schröder: Wicklein lobte er für ihre Arbeit in den Bereichen Wissenschaft und Bildung, den Kurs der Bundes-SPD verteidigte er in einer kämpferischen Rede – auch wenn die schmerzhaften Reformen der letzten Jahre manchmal schwer zu vermitteln seien. „Kündigungsschutz weg, Arbeitnehmerrechte weg, Tarifautonomie weg, Westerwelle sagt sogar: die Gewerkschaften stören, Mehrwertsteuererhöhung und Pendlerpauschale abschaffen“, skizzierte er die angeblichen Pläne von Union und FDP im Falle eines Wahlsieges. Ein Hauch von Klassenkampfromantik kam auf. „Unser Weg ist das nicht, denn wir wollen die Modernisierung der Gesellschaft menschlich gestalten“, sagte Platzeck und bekam dafür großen Applaus. Er nannte es fatal, wenn Edmund Stoiber das „Spaltbeil“ ansetze und Vorurteile bediene, die in beiden Teilen Deutschlands noch da sind. Seinen CDU-Innenminister Jörg Schönbohm erwähnte Platzeck nicht. Aber den von Angela Merkel berufenen Steuerexperten Paul Kirchhof, dessen Steuersystem er kritisierte. Platzeck: „Wenn der lauteste Beifall für dieses System von Guido Westerwelle kommt, dann weiß man sofort, dass für den Normalbürger nicht sehr viel Gutes dabei sein kann.“ Nach der kurzen, umjubelten Rede stand der obligatorische Bieranstich an. Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee, der als Gast eingeladen war, arrangierte die Szene: Platzeck, mit Schürze, hämmerte den Hahn in das Fass und Wicklein hielt das erste Glas. Der politische Teil des Festes war damit schon fast erledigt. Die Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein sprach von ihrer Arbeit im Bundestag und betonte, dass sie für die Angleichung des Arbeitslosengeldes II im Osten auf Westniveau kämpfe. Doch das Interesse erlahmte offensichtlich rasant. Lieber wollten die Leute essen, trinken und erzählen. So war das Stadtteilfest in erster Linie ein Familienfest mit Puppentheater, Hüpfburg und Kutschenfahrten für die Kleinen und dezenter Live-Musik mit der „5 Sterne Band“ für die Eltern. Die Jusos kümmerten sich um die Wähler von übermorgen und an den Ständen der SPD war weniger los als am Grillstand. Die Stimmung war entspannt, Ministerpräsident Platzeck plauderte mit den Mitgliedern des SPD-Ortsverbandes Babelsberg, die das Fest organisierten, und jedem, der sich dann doch noch ein bisschen Frust von der Seele reden wollte. Nur Andrea Wicklein fand keine Ruhe: Es geht schließlich um ihren Job, am 18. September. Also ging es weiter auf Wahlkampftour, nach Kleinmachnow. Und wie vor einem Jahr hofft die SPD auf ein nächstes Stadtteilfest, dann ohne Wahlkampfdruck.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: