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Landeshauptstadt: Keine Milch vom Bauernhof

Potsdamer können nicht bei „Direktvermarktern“ sparen – und auch Biomärkte erhöhen Preise

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Teure Milch, höhere Preise für Butter und Käse: Sollten die Potsdamer jetzt statt im Supermarkt lieber auf dem Bauernhof einkaufen gehen, wenn sie Geld sparen möchten? Immerhin haben viele der rund 200 Brandenburger „Direktvermarkter“ – Landwirte, die ihre Erzeugnisse im eigenen Hofladen verkaufen – angekündigt, die Preise gar nicht oder nur zurückhaltend anzuheben.

In Potsdam allerdings ist ein solcher Direktvermarkter für Milchprodukte gar nicht zu finden. Allein bei Landwirt Gerhard Neumann im Bornimer Erntegarten gibt es Milch, Käse und Butter abseits des Supermarkts zu kaufen. Die Milch stamme aus der Uckermark, sagt Neumann. Kostenpunkt: 1,20 Euro für einen Liter Trinkvollmilch. Damit lässt sich im Vergleich zum Potsdamer Innenstadt-Supermarkt nichts sparen. Dort kostet der Liter Vollmilch derzeit zwischen 62 und 89 Cent. Für Biomilch müssen 99 Cent bezahlt werden.

Theoretisch könnten die Potsdamer ihre Milch bei Erkard Hennings in Töplitz einkaufen – denn der Landwirt „produziert“ mit seiner Hennings GbK Milch. Die verkaufe er allerdings nicht als Direktvermarkter, sondern an eine Molkerei. Grund dafür seien die Milchquoten der Europäischen Union (EU), sagt Hennings. Sie erschwerten den Verkauf direkt an den Verbraucher, da der Aufwand, um die Auflagen einzuhalten, groß sei. Außerdem würde er eine weitere Quote brauchen, wenn er seine Milch direkt verkaufen wollte. Beides würde sich auch auf den Preis niederschlagen, so Hennings. Die Milchquote wurde 1984 eingeführt und sollte die Milchproduktion in der europäischen Union beschränken. Liefert ein Milchproduzent mehr Milch als er über Quoten verfügt, wird er sanktioniert.

Milch direkt vom Bauern gibt es in Potsdam und Umgebung also offensichtlich nicht – aber können vielleicht die Bioläden und Reformhäuser ihre Preise für Milchprodukte halten? Schließlich sollten die Bio-Erzeuger mit dem Weltmarkt und der angeblich global gestiegenen Nachfrage ja eher wenig zu tun haben. Eine PNN-Umfrage ergab gestern kein einheitliches Bild. Während die Preise für Milchprodukte im Bioladen „Charles & Lotte“, im Reformhaus „Zum Schwarzen Bär“ und im „Biomarkt Babelsberg“ gleich geblieben sein sollen, sind sie im Bio- und Delikatessenladen „Labsal“ gestiegen – ein Liter Milch koste jetzt 15 Cent mehr, so eine Mitarbeiterin. Dass die Kunden deshalb woanders einkaufen, befürchtet sie aber nicht. Milch sei ein Grundnahrungsmittel, und Bioprodukte seien ohnehin immer teurer. Im „Lebensquell“-Biomarkt wurde der Milch-Preis nach eigenen Angaben nicht angehoben, aber Butter, Sahne und Quark würden zehn Cent teurer verkauft. „Wir beobachten den Markt und müssen abwarten, wie die Bauern und Großhändler reagieren“, sagt Julia Tauber von „Lebensquell“. Es sei möglich, „dass sich im August noch etwas ändert“.

Christina Lenc aus dem Reformhaus „Zum Schwarzen Bär“ meint, dass die Kunden nun, da die Butter auch im Supermarkt teuer sei, gleich auf Biobutter umsteigen könnten. Eine verstärkte Nachfrage nach biologisch produzierten Milchprodukten haben die Mitarbeiter allerdings in keinem der Potsdamer Bioläden festgestellt. Das Kaufverhalten sei gleich geblieben, was allerdings auch daran liegen könne, dass Sommerferien sind. „Da ist die Entwicklung sowieso schwer einzuschätzen“, sagt Thomas Schröder von „Charles & Lotte“.

Sara Matthes, Gabriel Jezek

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