Landeshauptstadt: Keine neue Nase zum Abitur
Chance auf Schönheit: St.Josefs-Krankenhaus gründet Zentrum für Plastische und Ästhetische Chirurgie
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Manche haben ein Problem zwischen den Ohren, nicht mit den Ohren. Solche Patienten schickt Dr. Friedrich-Wilhelm von Hesler wieder weg. Dabei ist es natürlich auch eine Frage des Charakters, ob sich jemand schön oder hässlich findet, ob einer klarkommt mit seinem Aussehen. „Meine Cousine hat eine Riesennase“, sagt von Hesler, „aber auch eine Persönlichkeit wie der Eifelturm, die brauche ich nicht zu operieren.“
Der grau melierte Mitfünfziger ist Chefarzt des vor zwei Monaten gegründeten Zentrums für Plastische und Ästhetische Chirurgie im Potsdamer St. Josefs-Krankenhaus. Er und seine drei neu eingestellten Ärzte-Kollegen haben die Gabe, Hässliche wieder schön zu machen.
Doch der Operationssaal Dr. von Heslers ist ein Jungbrunnen, in den nicht jeder steigen darf. Es gibt Leute, die haben eng anliegende Ohren und eine gerade Nase, dafür aber ein dickes Portemonnaie und den verbissenen Wunsch, noch schöner zu werden. „Was wollen Sie, ich zahle doch dafür“ – dieses Argument lässt der Mediziner nicht gelten. „Ich bin kein Kaufladen, ich bin Arzt.“
Oft weigert sich von Hesler, das Skalpell anzulegen – und macht Patienten damit froh. „Wissen Sie, ihre Brust ist doch gar nicht so hässlich, lassen Sie es lieber“ redet er verunsicherten Frauen plastische Brustveränderungen aus. Und nur wenige 44-Jährige dürfen bei ihm auf ein Facelifting hoffen, eine Hautstraffung im Gesicht: „Was soll ich denn da straffen?“
Ohne eine medizinische Indikation, ein Leidensdruck beim Patienten, verweigert von Hesler seine Kunst. Die Krankenhausdirektorin Adelheid Lanz drückt die Philosophie des Hauses so aus: „Wir verkaufen keine Gutscheine für eine neue Nase zum Abitur.“
„Ich liebe alternde Gesichter“, sagt von Hesler. Aber es kommen auch 58-Jährige zu ihm, „die aussehen wie ihre eigene Großmutter“. Eine solche Alterung ist krankhaft, da kann von Hesler helfen. Oder junge Frauen haben eine Brust, die aussieht „wie eine Kerze, oder ein Rüssel“. Mit Implantaten oder Eigengewebe kann von Hesler Fülle geben, wo Gott sie fehlen lies, oder er kann wegschneiden oder absaugen, wo der Herr zu viel des Guten gab.
Die Erwähnung Gottes ist in einem katholischen Krankenhaus nicht ungewöhnlich. Doch laufen die Menschen nicht herum, so wie Gott sie gewollt hat? Mit krummer Nase, schiefen Ohren? Darf ein bekennender Katholik wie Dr. von Hesler daran überhaupt rütteln? Schönheitschirurgie und katholischer Glaube, passt das zusammen?
Der Chefarzt wehrt ab. Er sei ja – „hoffentlich“ – nicht gegen den göttlichen Willen ästhetisch-plastischer Chirurg geworden. Bei zwei Dritteln der Patienten gehe es zudem nicht um Schönheitskorrekturen, sondern um Wiederherstellung nach schweren Erkrankungen, um Leistungen, die von den Krankenkassen bezahlt werden. „Gestern habe ich eine Nase rekonstruiert, die durch einen Tumor abgefault war“, sagt von Hesler. Er pariert die theologisch-rhetorische Attacke mit einer Überlegung: Wenn Gott schiefe Nasen wollte, „wollte er dann auch, dass eine Frau mit einem Mammakarzinom herumläuft?“ Ein Schwerpunkt des Zentrums ist die Mammachirurgie, die Neuformung einer Brust nach einer Brustkrebsoperation. Auch große Narben behandelt von Hesler. Neu sei die Möglichkeit, in Potsdam Opfer von Verbrennungen von bis zu 15 Prozent der Körperoberfläche – „ein halber Oberkörper und ein halber Arm“ – zu behandeln. „Unser Oberarzt ist jahrelanger Verbrennungsspezialist“, so von Hesler. Ebenso dürfen Schwergewichtige hoffen, die 180 oder gar 250 Kilo wiegen. Bei denen muss der ästhetisch-plastische Chirurg erst den teils bis zu den Unterschenkeln hängenden Bauch wegschneiden, damit der Patient sich wieder bewegen kann und eine Gewichtsabnahme möglich ist.
Von Hesler steht aber auch zu seinen Leistungen, die die Kassen nicht bezahlen. Wenn eine 75-jährige Dame sagt, sie fühle sich sehr wohl, es störten nur die Falten, dann macht er sie, wenn medizinisch vertretbar, eben weg.
Aber schon ist Dr. von Hesler, Mitglied im Malteser Ritterorden, wieder bei dem, was er nicht macht. Geschlechtsumwandlungen etwa. „Weil ich es nicht so gut kann.“ Bei Busenvergrößerungen, wenn Frauen zu viel wollen, nennt er „ästhetische Obergrenzen“. „Po-Implantate“ lehnt von Hesler auch ab. Männer, die sagen, sie haben einen zu flachen Hinter, finde er „schwierig“. Außerdem: „Diese Implantate verrutschen häufig.“
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