Landeshauptstadt: Keine Schlichtung nirgends
Bald endet das Moratorium für den Synagogenbau, doch Gespräche der jüdischen Gemeinden gibt es nicht
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Innenstadt - Alle Welt glaubt, dass sich die Kontrahenten im Potsdamer Synagogenstreit dieser Tage in einem Schlichtungsprozess befinden. Eigens dafür hatten der Bauverein und der Brandenburgische Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen (BLB) Ende März ein Moratorium verkündet: Bis zum 31. Mai 2011 sollten die Planungen für die neue Synagoge an der Schlossstraße ruhen. Der Landesbaubetrieb hatte sogar die Ausschreibung für den Synagogen-Rohbau widerrufen. Das „Innehalten“, sagte der Bauvereinsvorsitzende Peter Schüler (Bündnisgrüne), solle im aktuellen Potsdamer Synagogenstreit „Raum für eine Schlichtung schaffen“.
In drei Wochen endet das Moratorium, doch „es passiert nichts“, erklärte gestern der Vorsitzende der Synagogengemeinde Potsdam, Ud Joffe. Die Öffentlichkeit glaube, es gebe einen Schlichtungsprozess. „Ich kann keine Schlichtung erkennen“, sagte Joffe. Er habe keine Einladung dazu erhalten, weder vom Zentralrat der Juden in Deutschland, noch vom Land Brandenburg und auch nicht vom Bauverein. Stephan Kramer, Generalsekretär des Zentralrates, hatte vor Wochen einen runden Tisch im Synagogenstreit angekündigt, geschehen ist Joffe zufolge „nichts“. Offenbar solle auf Zeit gespielt werden. Einzig mit dem Jüdischen Landesverband gebe es Gespräche. Joffe kündigte nun seinerseits an, zu einem runden Tisch einzuladen – in Abstimmung mit dem Jüdischen Landesverband.
Auch Bauvereinschef Schüler wusste gestern nichts zu einem Schlichtungsverfahren zu sagen. Er komme gerade aus dem Urlaub. Nikolai Epchtaine von der Jüdischen Gemeinde Potsdam sagte, er habe erst gestern mit dem Gemeindevorsitzenden Vladimir Genkin gesprochen. Dieser habe ihm gesagt, es gebe „nichts Neues“. Ohne Schüler könne es keine Gespräche geben, dieser sei aber im Urlaub.
Gegenstand des Potsdamer Synagogenstreits ist der Architekturentwurf von Jost Haberland, Sieger eines vom BLB ausgelobten Wettbewerbs. Haberlands Synagoge gilt Kritikern als wenig attraktiv, der Bau ähnele mehr einem Büro- als einem Gotteshaus, heißt es. Die Jüdische Gemeinde und der Bauverein befürworten den Entwurf, die Synagogengemeinde und der neu gegründete Förderverein für eine würdige Synagoge in Potsdam lehnen ihn ab. Ulrich Zimmermann, Vorsitzender des sich Ende April gegründeten Fördervereins, erklärte gestern, der Verein habe bereits 130 Mitglieder und „ständig kommen neue dazu“. Im April seien es noch 100 Mitglieder gewesen. Der Verein übertreffe nun die Mitgliederzahl des Bauvereins. Der große Zuspruch zeige, dass die Synagoge „ein großes Thema ist in der Bürgerschaft“. Die Mitglieder kommen laut Zimmermann „aus allen Bevölkerungsschichten“. Es handele sich „um sehr engagierte Leute aus allen Fachgruppen“. Ziel des Vereins sei es nicht nur, Geld für eine würdige Synagoge zu sammeln, sondern auch „neue Ideen einzubringen“. Als erste Spende brachte die Versteigerung eines Bildes der Malerin Mieke Gorgels 1000 Euro in die Vereinskasse, wie die Richterin Jana Kadegis vom Vereinsvorstand informierte. Vereinschef Zimmermann rechnet indes nicht mehr damit, dass es in diesem Jahr noch zu einem Baustart für die Haberland-Synagoge kommt: „Man kann nicht weitermachen wie bisher.“
Ab Ende Mai müsse ausgeschrieben und die Aufträge an die Firmen vergeben werden, damit noch im Frühherbst und somit noch 2011 Baubeginn sein kann, erklärte Haberland gestern. Aufgrund des hohen Wasserstandes müsse das erste Geschoss einschließlich Decke bis zum Winter fertig sein, damit die Grundwasserabsenkung nicht den ganzen Winter über aufrecht erhalten werden muss, was sehr teuer wäre. Seinen Entwurf verteidigte Haberland. Es gebe keinen klaren Bautypus für eine Synagoge. Insofern stelle sein Entwurf „eine typische Synagoge dar“.
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