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Homepage: Kinder an die Hochschule

Gewinner im Wettbewerb: Die Fachhochschule Potsdam gehört zu den familienfreundlichsten Studienorten Deutschlands. Jetzt schafft sie auf ihrem Campus noch mehr Räume für Familien

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Eine Tafel zum Kritzeln, ein Spiegel, um sich selbst zu entdecken, Schaukeln zum Träumen und ein Spielteppich, der sich in einen zeltförmigen Unterschlupf verwandeln lässt – im Familienzimmer der Fachhochschule Potsdam (FHP) testen die Kinder von Studierenden die neue Inneneinrichtung, die der Designer und FH-Absolvent Dominik Hehl entworfen hat. Zum Inventar gehören auch stapelbare Holzmöbel, die mal als Sitzgelegenheit, mal als Tisch funktionieren und zum Teil mit Rädern ausgestattet sind, um sie im Raum oder auch an andere Orte verschieben zu können. An Orte für Familien, die die Fachhochschule künftig überall auf dem Campus schaffen will: in der Mensa, der Bibliothek, in Seminarräumen und im Hörsaal ...

Mit diesem raumgreifenden Konzept setzte sich die Potsdamer Fachhochschule im Wettbewerb „Familie in der Hochschule“ durch, den der Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Länder, Wolfgang Tiefensee, gemeinsam mit der Robert Bosch Stiftung und dem Centrum für Hochschulentwicklung ausgelobt hatte. Im internationalen Ringen um die klügsten Köpfe könne nur erfolgreich sein, wer es jungen Eltern ermögliche, Studium und Familie miteinander zu vereinbaren, so Wolfgang Tiefensee über den Hintergrund des Wettbewerbs.

Die Fachhochschule, die sich mit ihrem Familienzentrum, organisierter Kinderbetreuung und dem Studiengang „Bildung und Erziehung in der Kindheit“ schon seit Jahren auf diesem Gebiet engagiert, gehört nach der Jury-Entscheidung zu den acht familienfreundlichsten Studienorten Deutschlands. Deren Konzepte werden nun in den kommenden zwei Jahren mit jeweils 100 000 Euro unterstützt. Demnächst sollen die Sieger-Hochschulen zu einem „Best Practice Club“ zusammentreten, um ihre Ideen in Workshops und Kongressen weiterzuentwickeln und öffentlich vorzustellen. „Wir initiieren Modellprojekte, damit andere Hochschulen später von unseren Erfahrungen profitieren können“, sagt Dr. Kirsten Winderlich, die gemeinsam mit der Prorektorin Prof. Margit Kwoka maßgeblich an der Konzeption beteiligt war. Als Mutter von vier Kindern weiß sie sehr genau um die Bedürfnisse studierender und wissenschaftlich arbeitender Mütter und Väter.

Die Erziehungswissenschaftlerin erklärt das Besondere des Konzepts: „Durch punktuelle Eingriffe und Veränderungen erzeugen wir in den Räumen eine familienfreundliche Atmosphäre und verwandeln damit die Hochschule nach und nach in einen Ort für Familien.“

Die FHP hat mit ihrer seltenen Kombination von Sozial- und Kulturarbeit einerseits und den Fächern Design, Bauingenieurwesen und Architektur andererseits den großen Vorteil, für die Umsetzung ihrer kühnen Pläne alle Fachleute selbst ausbilden zu können. Die Kindermöbel des jungen Designers Dominik Hehl, die gemeinsam mit Pädagogen und Experten für die frühe Kindheit entstanden, sind das erste sichtbare Zeichen. Weitere werden folgen: ein Familientisch in der Mensa, eine Eltern-Kind-Sitzgelegenheit für die Seminarräume, mobile Exploratorien, offene Regale mit Forschungsmaterialien, eine Kinderabteilung in der Bibliothek, überall Papier zum Malen und Kritzeln, denn auch die Kleinen sollen den Campus als Lernort wahrnehmen. „Bildung von Anfang an“, fordert Kirsten Winderlich, die sich in ihrer Forschung mit der frühen Förderung von Kreativität beschäftigt.

Auch inhaltlich und organisatorisch will die Fachhochschule familienfreundlich umdenken. So müssen die Seminarpläne ebenso überdacht werden wie der Kulturkalender, in dem sich bislang kaum Theaterstücke oder Konzerte für Kinder finden. „Noch sagen viele der studierenden Eltern, dass sie ihre Kleinen in der Hochschule nicht dabei haben wollen“, berichtet Kirsten Winderlich. „Offensichtlich können sie sich nicht vorstellen, wie das funktionieren soll. Deshalb müssen wir jetzt entsprechende Gegenerfahrungen initiieren.“

Derzeit ermittelt die Fachhochschule in einer Umfrage die exakte Zahl der Studierenden, die bereits Eltern sind. Bei einem über dem Durchschnitt liegenden Alter der Studienanfänger von 24,6 Jahren fällt die Ausbildung zeitlich mit der Familienplanung zusammen. Der Anteil von Studierenden mit Kind liegt gegenwärtig in den neuen Bundesländern bei neun Prozent.

Kirsten Winderlich hofft, dass das Familienzimmer mit den neuen Möbeln von möglichst vielen Eltern und ihren Kindern angenommen wird, auch um untereinander in Kontakt zu kommen, sich auszutauschen und gegenseitig zu helfen. Beim Ausbau der Kinderbetreuung wird sich besonders der Fachbereich für Sozialwesen engagieren. Ziel ist die Einrichtung einer Modell-Kita, in der die künftigen Erzieher ausgebildet werden können. Prof. Christiane Ludwig-Körner und Prof. Annette Dreier, die den Studiengang „Bildung und Erziehung in der Kindheit“ leiten, liefern hierzu das Konzept: Neben der Förderung der Kinder sollen dort auch die Eltern kompetent beraten werden. So wird nicht nur die Fachhochschule im Ganzen, sondern auch die Kindertagesstätte darin zu einem Lernort für Familien.

Antje Horn-Conrad

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