Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs im PNN-Interview: „Kinder müssen stark sein, keine Opfer“
Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) äußert sich im Gespräch zum ersten Mal zum Fall Elias. Die Kritik, dass die Stadtspitze die Suche nach dem Jungen zu wenig unterstützte, weist er zurück. Außerdem spricht er über den Pfingstberg-Streit und den umstrittenen Baubeigeordneten Matthias Klipp.
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Potsdam - Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hat sich erstmals zum Fall des seit einer Woche spurlos verschwundenen sechsjährigen Elias geäußert, der die Landeshauptstadt in Atem hält und bundesweit für Aufmerksamkeit sorgt. In einem Interview mit den PNN wies Jakobs Kritik zurück, dass die Stadtspitze die Suche nach dem Jungen durch die Polizei und die freiwilligen Helfer nicht genügend unterstütze. Das sei nicht der Fall, wichtig sei doch jetzt, „dass der Junge wiedergefunden wird“.
Jakobs äußert sich zurückhaltend über Elias
Jakobs war früher selbst Sozialarbeiter und Sozialbeigeordneter. Auf die Frage, was dieser in der Geschichte der Landeshauptstadt bislang einmalige Fall bedeute, äußerte sich Jakobs zurückhaltend, sagte aber auch: „Die Kinder müssen zu selbstbewussten Menschen erzogen werden. Sie müssen stark sein, keine Opfer.“ Und: „Die Eltern sollten ihnen früh beibringen, mit niemandem mitzugehen, immer zu sagen, wohin sie gehen.“
Von Elias fehlt weiterhin jede Spur. Die Polizei konzentriert sich bei der Suche weiterhin auf das unmittelbare Umfeld des Jungen im Plattenbauviertel Schlaatz. Mindestens bis zum Wochenende werde die intensive Suche dort fortgesetzt, sagte Einsatzleiter Sven Mutschischk am Dienstag in Potsdam: „Wir geben die Hoffnung nicht auf, Elias lebend zu finden.“ Täglich sind am Schlaatz sowie im angrenzenden Auengebiet der Nuthe bis zu 170 Beamte im Einsatz.
Oberbürgermeister nimmt Klipp in Schutz
Im PNN-Interview äußert sich sich Jakobs, der seit 2002 die Landeshauptstadt regiert und zur nächsten Wahl 2018 eine Kandidatur nicht ausschloss, zu allen aktuellen heißen Eisen der Stadtpolitik. So tritt Jakobs bei der von seinem Baubeigeordneten Matthias Klipp (Grüne) ins Spiel gebrachten, umstrittenen Verengung der Zeppelinstraße, um dort die Schadstoffwerte auf ein EU-konformes Niveau zu senken, klar auf die Bremse. „Man kann nicht die Zeppelinstraße verengen, ohne gleichzeitig die Entlastung durch den öffentlichen Nahverkehr geklärt zu haben, ohne dass mehr Busse und Straßenbahnen fahren.“ Eine Verringerung der Spuren ohne diese Klärung, für die ein Konsens mit dem Kreis Potsdam-Mittelmark nötig ist, schließt Jakobs aus.
Zugleich nimmt er den Baubeigeordneten in Schutz, beim Bau seines Privathauses durch die Bauverwaltung Vorteile genossen zu haben. „Es gibt keine Hausbau-Affäre“, sagte Jakobs zu dem Klipp-Fall. Die Bauverwaltung sei mit Klipp genauso verfahren wie mit jedem anderen auch. „Und wenn es da auch nur einen annähernden Verdacht gegeben hätte, wäre mit Sicherheit ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden.“ Jakobs kritisierte, „dass Matthias Klipp nicht im Hauptausschuss oder im Bauausschuss darüber informiert hat, dass er von den Vorgaben des B-Plans befreit worden ist“.
Pfingstberg-Streit: Jakobs hofft auf Kompromiss mit Döpfner
Zum andauernden Streit um das Pfingstberg-Areal mit Springer-Vorstand Matthias Döpfner, bei dem es um die öffentliche Zugänglichkeit des Parks geht, sagte Potsdams Oberbürgermeister, er hoffe immer noch auf einen Kompromiss. Es sei aber ein Einzelfall, ein singulärer Konflikt. Eine Belastung des Verhältnisses zwischen prominenten Neu-Potsdamern und der Stadt gebe es nicht.
Doch Jakobs kommt auch zum Befund, dass sich in der Landeshauptstadt Gewichte verschieben. Es gebe nicht mehr die klassischen Fronten, Parteien seien „nicht mehr allein die Gestaltungskräfte“, Bürger würden selbst Initiative ergreifen. Er verwies auf den Widerstand gegen den Aufbau der Garnisonkirche und die Forderung der Bewegung „Potsdamer Mitte neu denken“, auf den Abriss des aus DDR-Zeiten stammenden Fachhochschulgebäudes zu verzichten. Das schließt Jakobs aber aus. Dies sei „fundiert, lange gereift“, sagte er. Er betonte aber, dass anderswo in der Innenstadt Raum für moderne Architektur sein müsse und auch sei.
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