Landeshauptstadt: Kino ins Hotel geholt
Mercure Potsdam-City mit neuem Ambiente Filmtradition bis in die 17. Etage
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Einige Zentner wiegt der Filmprojektor, den die Techniker jüngst ins Foyer des Hotels Mercure bugsierten. Hier soll das über fünfzig Jahre alte Gerät als Blickfang für das neuartige Themen-Ambiente des Hotels dienen. Die Idee dazu hatte Robert Strohe, seit August 2007 Direktor des Hotels. „Das erste, was ich tat, nachdem ich von Nürnberg nach Potsdam kam, war, den Namen zu ändern“ berichtet er. „Potsdam-City“ – so der neue Mercure-Name. „Potsdam ist eine Tourismus-Marke“, betont Strohe, der in seinem Domizil auf Hermannswerder schon ganz heimisch geworden ist. „Ich habe kein Heimweh nach Nürnberg“, bekennt er. Potsdam spiele für die deutsche Hauptstadt Berlin eine ähnliche Rolle wie Versailles für die französische Hauptstadt Paris, meint er.
Der riesige 35-Millimeter-Projektor, der in den Jahren 1936 bis 1951 zuerst von Zeiss Ikon und später vom VEB Pentacon in Dresden produziert wurde, war bis in den sechziger Jahren die Standardmaschine in zahlreichen DDR-Lichtspieltheatern. Mindestens zwei solcher Kolosse für Tonbildvorführung gehörten zu jeder Kino-Ausrüstung. Nach jeweils 22 Minuten war eine Trommel abgespult und dann musste der Filmvorführer blitzschnell auf die Spule des zweiten Projektors umschalten. Das Gerät funktionierte mit einer Kohlebogenlampe und hatte Wasserkühlung.
Mindestens noch zwei Jahre werde es dauern, bis das gesamte Hotel „filmisch durchgestaltet“ sei, kündigt Strohe an. Es gehöre zur Mercure-Philosophie, die Hotels an die Region zu binden. Und da habe es nahe gelegen, als unmittelbarer Nachbar des Filmmuseums und der reichen Ufa- und Defa-Geschichte dieses Thema zu wählen. Von der Küche bis in die 14. Hotel-Etage werde die thematische Neugestaltung reichen. Chefkoch Michael Heberer sei bereits dabei, die Lieblingsgerichte berühmter Filmstars auszukundschaften und ab 1. Mai auf die Speisenkarte zu bringen. Die Zimmer und Flure will Strohe mit historischen Fotos, Gemälden und Plakaten aus der Filmgeschichte ausstatten lassen.
Eigentlich hat es das Mercure Potsdam-City nicht nötig, sein Image zwecks Besucherfang aufzupolieren, denn es kann sich über mangelnde Gäste kaum beklagen. Wer zum Beispiel im Monat Juni hier ein Zimmer haben will, erhält nicht selten eine Absage. Doch es gibt „Hochs und Tiefs“, wie der Hotel-Chef weiß. Außerhalb der Hochsaison von Mai bis Oktober bedürfe es neuer Ideen, um das Hotel noch besser auszulasten. Dazu diene unter anderem auch die Filmgeschichte. „Wir wollen den Gästen einen Mehrwert bieten“, so die Begründung. Dazu gebe es zum Beispiel eine Kooperation mit dem Filmmuseum, das auch den Projektor als Leihgabe zur Verfügung gestellt hat. In der benachbarten „Cinebar“ kann der Gast schon jetzt mit dem Cocktail „Varieté“ oder „Septemberliebe“ unter einem beleuchteten Plakat mit Zarah Leander probieren, wie sich der Barkeeper den Ausflug in die Filmhistorie vorstellt.
Den bevorstehenden Aufbau des Landtagsschlosses sieht Strohe als eine weitere Chance, zusätzliche Gäste nach Potsdam zu locken. Mit dem Bau der „Stadtwand“ habe das Hotel schon jetzt davon profitiert und mit dem Landtagsbau erhalte es sogar eine eigene Zufahrt. Der Panoramablick nach Norden, der bereits jetzt hoch attraktiv sei, werde sich nach Vollendung des Neubaus traumhaft darstellen. „Wir haben einen Standort in der Perle Potsdams“, sagt der Hotelchef begeistert.
Dass das 17-stöckige Haus einmal der Wiedergewinnung der historischen Mitte zum Opfer fallen könnte, befürchtet er nicht. Das Gebäude, das im nächsten Jahr sein 40-jähriges Bestehen feiere, stehe auf soliden Grund und die Bausubstanz sei hervorragend. „Unsere Gäste sind immer wieder positiv überrascht über die großzügigen Räumlichkeiten“, so die Erfahrung Strohes. Aktuelle Pläne für den Abriss kenne er nicht. Das sei im Übrigen Sache des Eigentümers, des New Yorker Finanzinvestors Blackstone, der Hotels in Europa und in den USA mit mehr als 100 000 Zimmern besitzt. Günter Schenke
Günter Schenke
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