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Verborgenes Idyll. Seit acht Jahren werden im „Melodie“ keine Filme mehr gezeigt. Zumindest der Innenhof soll bald wieder für Café- und Kneipenbetrieb genutzt werden. Dort sollen 20 Gäste Platz haben, im Vorderhaus können bis zu 30 Besucher bewirtet werden.

© A. Klaer

Potsdam: Kino „Melodie“ wird Filmcafé

Neuer Pächter will Deutschlands ältestem Lichtspieltheater in der Potsdamer City wieder Leben einhauchen.

Von Peer Straube

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Innenstadt - Für eine Wiederbelebung des seit Jahren leerstehenden ehemaligen „Melodie“-Kinos gibt es leise Hoffnung. Zumindest ein Teil des Vorderhauses soll ab Ende August wieder an die alte Tradition erinnern – dann soll dort das Filmcafé „Melodie“ eröffnen. Perspektivisch könne er sich auch vorstellen, das Kino wieder in Betrieb zu nehmen, sagte CaféGeschäftsführer André Hobusch auf PNN-Anfrage.

Hobusch, der gemeinsam mit einem Partner auch das benachbarte thailändische Restaurant „Siam“ betreibt, darf zunächst nur den rechten Teil des Vorderhauses und den Innenhof bespielen. Derzeit laufe noch das Genehmigungsverfahren bei der Stadtverwaltung, sagte Hobusch den PNN. Die Nutzung als gastronomische Einrichtung sei wegen der Anforderungen an den Brandschutz schwierig. Der Kinosaal selbst und der linke Teil des Vorderhauses, in dem sich früher der Kassenbereich befand, bleiben weiterhin leer: Ersterer, weil nach wie vor ein zweiter Rettungsweg fehlt, letzterer, weil er unter Denkmalschutz steht.

Für das Rathaus ist der Zustand des Gebäudeensembles seit Langem ein Ärgernis, weil es als einziges in der Häuserzeile in der Friedrich-Ebert-Straße zwischen Charlotten- und Brandenburger Straße noch unsaniert ist. Der „Melodie“-Komplex gehörte ursprünglich Ingeborg von Streletzky, einer Berliner Legende, die bereits in den 1930er Jahren als Geigenspielerin mit eigener Combo für Furore sorgte und in den 1950er Jahren in Westberlin als „Königin der leichten Muse“ galt. Als von Streletzky im vergangenen Jahr im Alter von 95 Jahren starb, erbte ihr Sohn die Immobilie. Letzter Mieter war ein Schuhgeschäft.

Das will Hobusch nun zum Café ummodeln, das „die Kinotradition am Standort wieder aufleben lässt“. So sollen alte Projektoren und Filmutensilien als Dekoration aufgestellt werden, die Wände sollen Filmplakate zieren. Das Café soll rustikalen Charme und Gemütlichkeit ausstrahlen. Nachgedacht werde auch über gelegentliche Filmvorführungen im Café. Warme Küche soll es nicht geben, dafür aber Sandwiches, frisches Obst und Kaffee. Abends ist Kneipenbetrieb mit Wein und Bier geplant. Zu „zivilen Preisen“, wie Hobusch verspricht.

Sollte sich das Konzept bewähren, könne man sich auch einen Kauf des Grundstücks vorstellen, so Hobusch. Mit dem Eigentümer sei man in Gesprächen. Das Grundstück soll nach PNN-Informationen 1,5 Millionen Euro kosten.

Für den Betrieb des Kinosaals müsste allerdings ein zweiter Fluchtweg her – entweder zur Brandenburger Straße oder zur Straße Am Bassin. Am Widerstand der Nachbarn respektive am Geld scheiterten bislang alle vorherigen Anläufe.

Dabei ist das „Melodie“ eine Besonderheit. Es gilt als ältestes Lichtspielhaus in Deutschland, das auch ausschließlich als solches erbaut wurde. Vor genau 100 Jahren ließ der Kinobetreiber August Fähndrich eine alte Remise zum Kinosaal mit 242 Plätzen umbauen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die „Residenz“-Lichtspiele in Lichtspieltheater „Melodie“ umbenannt. Es war eines der wenigen Kinos in Europa mit einem Boden, der von der Leinwand nach hinten im Niveau abfiel, sodass das Publikum in den letzten Reihen nach oben schauen musste.

Zuletzt hatte der Filmarchiv-Inhaber Andreas Schaffner den Kinobetrieb aufrechterhalten. Er schloss die Einrichtung aber 2004, weil die Besucher ausblieben – auch aufgrund der neuen Konkurrenz durch das UCI am Hauptbahnhof. Auch das dazugehörige Filmcafé machte zu. Seitdem gab es mehrere Interessenten. Auch die „Thalia“-Kino-Betreiber hatten Pläne verfolgt, den Kinosaal wieder zu nutzen. Der Saal ist inzwischen leer, die Bestuhlung wurde herausgerissen.

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