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Landeshauptstadt: Klagen über Fluglärm
Niedrige Überflüge in den Morgenstunden Flugsicherung spricht von „höherer Sensibilität“
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Babelsberg - Das hat der Babelsberger John Flüh „in 15 Jahren noch nicht erlebt“: Acht Verkehrsflugzeuge flogen am Montagmorgen zwischen 4.30 und sieben Uhr laut und in niedriger Höhe über das Potsdamer Ufer des Griebnitzsees hinweg in Richtung Schönefeld. Auch aus Klein Glienicke kommen Nachrichten von mehr Überflügen. „Das Aufkommen steigt deutlich an“, erklärte die Anwohnerin Pia von Kaehne. Sie vermutet: Vielleicht sollen die Bürger bereits jetzt an den stärkeren Fluglärm gewöhnt werden, wenn erst der Großflughafen Schönefeld in Betrieb geht? Oder es würden bereits jetzt Flugrouten des späteren Großflughafens getestet, womöglich, um das Maß der Anwohnerproteste zu testen? Pia von Kaehne: „Wer sich am lautesten wehrt, der wird erhört.“
Auch John Flüh schließt nicht aus, dass die Leute bereits an künftigen Fluglärm gewöhnt werden sollen. „Irgendetwas ist nicht koscher“, sagt Flüh: „In Babelsberg hatten wir früher nie Fluglärm.“
Nach starken Bürgerprotesten war Potsdam bei der Neufestlegung von künftigen Flugrouten für den Flughafen Berlin-Brandenburg-International durch die Deutsche Flugsicherung (DFS) glimpflich davon gekommen. Potsdam soll kaum überflogen werden. Allerdings erklärte der Sprecher der „Bürgerinitiative schützt Potsdam“, Markus Peichl, noch im Juli: „Wir müssen weiter wachsam sein.“
Seither war es beim Thema Flugrouten in Potsdam stiller geworden – ganz im Gegensatz zur Gegend um den Berliner Müggelsee, wo die Anwohner im Verbund mit Prominenten wie dem Regisseur Leander Haußmann („Sonnenallee“) gegen geplante Flugrouten Sturm laufen und sich die Berliner Spitzenpolitiker für Wahlkampfreden die Mikrofone aus der Hand reißen. Darum ist aus Potsdam nun auch die These zu vernehmen, der Anstieg an Potsdam-Überflügen könnte eine Art Wahlunterstützung für Berlin sein – um die Lage dort zu entschärfen.
Die Sprecherin der Deutschen Flugsicherung (DFS), Kristina Kelek, weist diese Thesen entschieden und als „undenkbar“ zurück: „Das kann nicht sein.“ Die DFS verfolge nicht die Interessen von irgendjemanden, sondern erfülle den gesetzlichen Auftrag, für die Sicherheit im deutschen Luftraum zu sorgen. Die DFS werde vom Bundesamt für Flugsicherung und vom Bundesverkehrsministerium beaufsichtigt. Die DFS-Sprecherin: „Es gibt auch keine Probeflüge.“ Zur Erarbeitung der künftigen Flugrouten für den Großflughafen sei lediglich mit dem Flugsimulator der Lufthansa gearbeitet worden.
Gestiegen ist in diesem Jahr indes die Zahl der Starts und Landungen in Schönefeld, erklärte Kristina Kelek weiter. Waren es im ersten Quartal 2011 noch 16 616, stiegen sie im zweiten Quartal 2011 auf 18354. Im zweiten Quartal 2010 lag die Zahl der Flugbewegungen bei 17 770. Verändert hat sich der Sprecherin zufolge auch die „subjektive Wahrnehmung“. Für das Fluglärm-Thema gebe es mittlerweile eine „höhere Sensibilität“ in der Bevölkerung. Guido Berg
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