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Landeshauptstadt: Klare Feindbilder

Die Diskussion um das Einzelhandelskonzept hat begonnen – die Skepsis bei den Händlern der Innenstadt scheint groß

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Die Konfliktparteien im großen Saal des Logenhauses sind klar wie traditionell: Die Innenstadthändler wollen mindestens noch fünf Jahre Schutz genießen – dagegen möchte Bahnhofspassagen-Chefin Jana Walther die Liste der in ihrem Haus verbotenen Handelswaren möglichst schnell aufweichen. Voll besetzt ist der Saal an diesem Mittwochabend anlässlich der ersten öffentlichen Diskussion des neuen Einzelhandelskonzepts für Potsdam. Gesucht ist die Lösung einer Frage: Wie kann es Potsdam schaffen, dass hier verdientes Geld nicht in Berlin ausgegeben wird – und wie lässt sich sogar noch Geld von außerhalb in die Stadt locken?

Hans-Jürgen Scharfenberg als Chef der Linksfraktion sieht die aktuelle Entwicklung mit Sorge: Er warnt vor einem starken Verlust von Kaufkraft in Potsdam und begründet dies mit statistischen Daten. „Wir wollen mehr Flächen im Stern-Center schaffen und die Sortimentsbeschränkung am Bahnhof lockern“, sagte Scharfenberg gestern den PNN auf Anfrage. Entsprechende Anträge will er im Zuge der Diskussion um das Einzelhandelskonzept in der kommenden Stadtverordnetenversammlung und in Ausschüssen diskutieren. Denn Potsdam drohe Abwanderung in neue Berliner Kaufstandorte wie das „Alexa“ oder die Schloßstraße in Steglitz. Für das Handelskonzept wünsche er sich deswegen „eine ergebnisoffene Diskussion“ über eine mögliche gleichzeitige Entwicklung von Innenstadt und den beiden Potsdamer Centern.

Wolfgang Cornelius (CDU) will mit eigenen Zahlen solche Vorschläge widerlegen, die er sich extra für seinen Vortrag hat zukommen lassen: „Es gibt keinen Kaufkraft-Abfluss.“ Potsdam dürfe nicht den Fehler machen und nur auf Fläche setzen: Qualität und das besondere Einkaufserlebnis in der historischen Innenstadt würden sogar Berliner locken. Zudem hätten sich viele Innenstadthändler nur deswegen angesiedelt, weil sie die Schutzbestimmungen gegen die Konkurrenz der Center gekannt hätten.

Doch wer hat Recht? Manfred Bauer als Schreiber des Konzepts erklärt seine Sicht: Potsdam habe mit rund 90 eine nur niedrige Zentralitätsziffer. Erst Städte mit einem Wert über 100 bekommen Geld von außerhalb in ihren Handelskreislauf. „Die Nähe zu Berlin begrenzt uns“, so Bauer, der schon Handelskonzepte für Städte wie Jena oder Leipzig verfasst hat. Dennoch habe Potsdam als wachsende Stadt ihre Chancen – die zuerst in der Innenstadt geprüft werden. Doch passen Ladenketten mit höherem Platzbedarf dort nicht mehr hin, müssten sie in die Center gehen. „Wir müssen aufpassen, dass Berlin uns nicht zu viele Kunden wegnimmt“, mahnt Oberbürgermeister Jann Jakobs.

Aber wie? Bernd Michel „versteht die Diskussion nicht“. Er ist Eigentümer einer Liegenschaft in der Brandenburger Straße – und erzählt von Investoren wie „C&A“, die gern in Potsdams City eine Filiale eröffnen würden: „Für solche dann größeren Verkaufsflächen müsste einfach wie in anderen historischen Stadtkernen der Denkmalschutz gelockert werden.“ Damit würden der Flair des historischen Stadtbilds und bekannte Kunden-Magneten zusammenkommen.

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