zum Hauptinhalt
Wer ist Paul? Potsdams Eltern haben im vergangenen Jahr eher auf Tradition gesetzt. Bei den Mädchen ist vor allem Charlotte besonders beliebt.

© Andreas Klaer

Potsdam: Traditionelle Namen für Babys: Klein und tüchtig sollen sie sein

In Potsdam waren 2015 Paul und Charlotte besonders beliebt. Warum Potsdams Eltern bei den Namen ihrer Babys auf Tradition setzen.

Von Sarah Kugler

Stand:

Potsdams Eltern geben ihren neugeborenen Kindern weiterhin eher traditionelle Vornamen. Wie die Stadt mitteilte, waren die beliebtesten Babynamen im vergangenen Jahr Charlotte und Paul, was so viel bedeutet wie die „kleine Tüchtige“ sowie „der Kleine“ oder „der Junge“. Insgesamt wurden 2015 20 Pauls und 19 Charlottes geboren. Auf dem zweiten und dritten Platz folgten bei den Jungen Emil – der Spitzenreiter von 2014 – mit 19 sowie Jonas mit 17 Nennungen. Auf Platz vier und fünf folgten mit jeweils 14 Nennungen Felix, Leon sowie Maximilian, während Ben und Oskar mit 13 Nennungen auf dem sechsten Platz landeten.

Mit Namen wie Karl, Theodor oder Jakob auf den folgenden Plätzen lässt sich insgesamt ein Trend zu traditionellen Namen erkennen. Immerhin stammt auch der besonders beliebte Name Paul vom altrömischen Paulus ab, hat also eine lange Namenstradition und ist auch in der Kunst und Literatur häufig zu finden. Unter anderem mit Paul Bäumer, der Hauptfigur in Erich Maria Remarques Roman „Im Westen nichts Neues“. Weitere Vorbilder könnten der barocke Kirchdichter Paul Gehardt, der Lyriker Paul Celan oder der Kinderbuchautor und Erschaffer des Sams, Paul Maar, sein.

In Potsdam erinnert zudem die Kirche St. Peter und Paul auf dem Bassinplatz an den Heiligen Paulus, sogar eine Glocke im Turm trägt den Namen Paul. Außerdem hat einer der berühmtesten Defa-Filme aus dem Jahr 1973, „Die Legende von Paul und Paula“, der in den Babelsberger Filmstudios entstand, den Namen quasi doppelt im Titel. Der Film, gedreht nach einem Drehbuch von Ulrich Plenzdorf und mit Angelica Domröse sowie Winfried Glatzeder in den Hauptrollen war einer der erfolgreichsten in der DDR entstandenen Kinofilme.

Paul ist ein bundesweit beliebter Name - auch in Potsdam

Potsdam folgt mit dem Namen Paul durchaus einem bundesweiten Namenstrend: Von 1890 bis 1960 tauchte der Name Paul jedes Jahr weit oben auf den Namenslisten in Deutschland auf. Zwischen 1960 und 1980 war der Name nicht so beliebt, wurde dann aber wieder häufig gewählt. 2014 schaffte er es der Gesellschaft für Deutsche Sprache zufolge sogar bundesweit auf den dritten Platz der beliebtesten deutschen Namen.

Der Name Charlotte landete immerhin 2007 auf dem achten Platz der beliebtesten deutschen Namen, 2008 rutschte er auf den zehnten Platz ab und tauchte seitdem nicht mehr in den Top 10 auf. Dabei war der aus dem Französischen stammende Name Anfang des 20. Jahrhunderts sehr beliebt, erst in den 1940er-Jahren kam er aus der Mode, nimmt aber seit den 1990er-Jahren an Beliebtheit zu. So nannten unter anderem Prinz William und Prinzessin Kate ihre 2015 geborene Tochter Charlotte Elizabeth Diana.

Charlotte und das Schloss Charlottenhof

Ob daher die hohe Beliebtheit des Namens in Potsdam kommt? Oder doch eher aus Stadtpatriotismus? Schließlich trägt ihn eines der Schlösser Potsdams, nämlich das Schloss Charlottenhof im Park Sanssouci. 1826 ließen es Friedrich Wilhelm IV. und seine Frau errichten, wobei es lediglich dazu diente, Gäste zu empfangen, wirklich gewohnt haben die beiden dort nie. Benannt ist das kleine Schloss nicht wie oft angenommen nach Sophie Charlotte von Preußen, sondern nach Maria Charlotte von Gentzkow, der Frau eines Kammerherrn, die von 1790 bis 1794 Besitzerin des Gutes war, auf dem das Schloss später errichtet wurde.

In der Literatur ist der Name wohl vor allem durch die britische Autorin Charlotte Brontë vertreten, die 1847 mit ihrem Roman „Jane Eyre“ berühmt wurde. Etwa 160 Jahre später schaffte es die ehemalige Viva-Moderatorin Charlotte Roche mit ihrem umstrittenen Roman „Feuchtgebiete“ in die Schlagzeilen. Während die einen begeistert von ihrer offenherzigen Protagonistin Helen Memel waren, die freizügig über Analfissuren und Selbstbefriedigung spricht, stellten kritische Stimmen infrage, ob das Buch überhaupt Literatur ist.

Kurze Vornamen beliebt

Anders als Roche mögen es die Potsdamer kurz und einfach – zumindest bei den Mädchennamen: Mit 18 Nennungen hat es Frieda auf den zweiten Platz geschafft, Mia – der Spitzenreiter 2014 – ist 2015 mit 16 Nennungen auf den dritten Platz abgerutscht. Danach folgen mit je 15 Nennungen Emma und Hannah auf Platz vier, während es Ida mit 14 Nennungen auf den fünften Platz geschafft hat.

Überhaupt neigen die Potsdamer nicht zu ausgefallenen Namen. Weder Rumpelstilzchen, Satansbraten oder Monster standen im Jahr 2015 auf den Wunschlisten, wie Stadtsprecherin Christine Homann sagte. Solche Namen müssten laut Homann vom Standesamt abgelehnt werden, weil sie das Wohl des Kindes beeinträchtigten. Insgesamt gab es im vergangenen Jahr 1781 Geburten von Potsdamer Eltern, etwas weniger als 2014. 903 Jungs kamen zur Welt und 878 Mädchen. Prinzipiell ist es den Eltern aber vollkommen freigestellt, welche Namen sie ihrem Kind geben. Bei Namen, die nicht eindeutig einem Geschlecht zugeordnet werden können, empfiehlt das Amt einen eindeutigen Zweitnamen.

Sie wollen mehr darüber lesen, was Potsdam bewegt? Die PNN gibt es auch als E-Paper - jetzt 30 Tage lang im Probe-Abo testen. Hier geht es zum E-Paper >> 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })