Sport: Kleine Eiszeit
Cool wie immer: Kimi Räikkönen gehört auch beim Formel-1-Rennen in Malaysia zu den Favoriten
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Sepang - Große Formel-1-Piloten haben ein Markenzeichen. Michael Schumacher formte mit seinen Initialen MS ein Auto, Sebastian Vettel hat ein S in Form einer Straße, Fernando Alonso lässt aus seinen Initialen einen Pfeil (Krieger? Teufelsschwanz?) herausjagen. Kimi Räikkönens Markenzeichen ist ein Eis am Stiel.
Um das zu verstehen, muss man die Szene aus dem Jahr 2009 kennen. Der Große Preis von Malaysia ist wegen heftigen Regens unterbrochen, die Piloten fahren an die Box und erwarten nervös die Nachricht, wann und ob es weitergeht. Der Ferrari-Pilot Felipe Massa schreit aufgebracht in sein Funkgerät, seine Stimme überschlägt sich. Er will ein neues Visier, weil er mit dem alten nichts mehr erkennen kann. Dann kommt sein Teamkollege Kimi Räikkönen in die Box. Er steigt aus dem Wagen, zieht Helm und Rennoverall aus und geht wortlos unter die Dusche. Als er zurückkommt, trägt er Shorts und Sonnenbrille, geht an den Kühlschrank – und holt sich eine Cola und ein Eis.
Wer diese Episode kennt, der weiß schon viel über das Gemüt von Kimi Räikkönen. Seinen Spitznamen „Iceman“ hatte der Weltmeister von 2007 schon lange vor der Eis-Nummer weg. Die Coolnes des Finnen, die durch kein noch so aufregendes Ereignis erschüttert werden kann, ist längst legendär. Räikkönen scheint völlig desinteressiert daran, was wohl der Rest der Welt über ihn denken könnte. Auch im Auto will er lieber nicht gestört werden. Bei seinem Sieg in Abu Dhabi 2012 erteilte er seinem Renningenieur per Funk Redeverbot: „Lass mich in Ruhe, ich weiß, was ich tue.“
Vor genau zehn Jahren gewann der schweigsame Räikkönen in Malaysia sein erstes Formel-1-Rennen. Im vergangenen Jahr, als er nach zwei Jahren Formel-1-Pause wieder nach Sepang zurückkehrte, ließ er im Pressezentrum ein paar hundert Eis verteilen. Dieses Jahr wurde die Saisonvorschau des Lotus-Teams auf einem USB-Stick ausgegeben, der in Eis-am-Stiel-Form daherkam.
Es brachte dem Team und Räikkönen offenbar Glück. Sein Sieg beim Saisonautakt in Australien war die erste große Überraschung des Jahres. Der Lotus-Pilot ließ Ferrari und Weltmeister Vettel im Red Bull alt aussehen und verkündete nachher cool: „Das war einer meiner einfachsten Siege.“ Dabei half ihm natürlich, dass sein Auto mit den neuen Reifen im Gegensatz zu anderen Wagen besonders schonend umgeht. Aufgrund der Reifenproblematik gilt Räikkönen auch beim Rennen am Sonntag in Sepang als Mitfavorit. „Kimi macht das instinktiv richtig“, sagt Paul Hembery, der Chef des Reifenlieferanten Pirelli. „Wo andere sich Gedanken machen und Probleme sehen, da scheint er automatisch den optimalen Weg zu finden.“
Doch es würde nicht zu Räikkönen passen, wenn er sich nun selbst mit großen Tönen zum WM-Anwärter aufschwingen würde. Wenn er nach seinem Sieg so etwas wie Euphorie verspürt hat, kann er sie inzwischen wieder ganz gut verstecken. „Ich habe keine Ahnung, ob wir hier gewinnen können“, sagt er einsilbig wie immer. „Im letzten Jahr sahen wir hier ganz gut aus, allerdings sind wir in diesem Jahr noch nie in derart heißen Bedingungen gefahren.“ Vom Titelgewinn will er erst recht nicht reden. „Wir werden an dieses Wochenende genauso herangehen wie an jedes andere. Wir geben unser Bestes und versuchen, gute Punkte zu holen.“
Um dieses Ziel zu erreichen, gilt es, die Leistung in der Qualifikation zu verbessern. In Australien ging der Finne nur von Platz sieben ins Rennen. „Ich würde nicht sagen, dass das Qualifying mit dem Wetter und all den Verschiebungen normal ablief. Ich hoffe, dass wir unter normalen, trockenen Bedingungen näher dran sind“, verriet er. „Aber ich bin überzeugt, dass wir keine Sekunde zurückliegen.“K. S.
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