Landeshauptstadt: Kleiner, billiger, besser?
Idee in der „Denkpause“: Man könnte im Landtag die Büros für Berliner Abgeordnete einsparen. Kommt die Fusion, baut man ein modernes Bürohaus daneben
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Innenstadt - Es wird weiter nach Auswegen gesucht, um doch noch ein neues Parlamentsgebäude in den Umrissen des Stadtschlosses auf dem Alten Markt zu errichten. Obwohl der Bebauungsplan bereits zwei Mal in der Stadtverordnetenversammlung durchgefallen ist. In die „Denkpause“ von Stadt und Land schaltet sich jetzt der „Verein Potsdamer Stadtschloss“ mit einem überraschenden Vermittlungsvorschlag ein: Der Vorsitzende Michael Schöne sprach sich am Freitag dafür aus, das neue Landtagsgebäude „in einer abgespeckten Version“ und damit billiger zu bauen. Dies sei möglich, sagte Schöne, indem auf die „Fusionsreserve“ für den seit dem Karlsruher Urteil ohnehin in weite Ferne gerückten Fall einer Vereinigung von Berlin und Brandenburg verzichtet werde. „Es wäre eine Lösung, die in der Stadtverordnetenversammlung sicher eine breite Mehrheit bekommen könnte.“ Der Landtag in der Stadtmitte würde dann etwa genau soviel kosten wie die ebenfalls diskutierte Sanierung des bisherigen Parlamentsgebäude auf dem Brauhausberg.
Der Vorschlag konkret: Bislang ist geplant, dass im neuen Landtagsgebäude nicht nur Brandenburgs 88 Abgeordnete, sondern irgendwann auch 150 Abgeordnete eines gemeinsamen Parlaments arbeiten könnten. Der Plenarsaal muss entsprechend größer sein, und für jeden der 150 ist ein Büro geplant. In der Übergangszeit bis zur Fusion ist bislang die Unterbringung des Landesrechnungshofes vorgesehen. Das Problem: Das frühere Stadtschloss, das in seinen Proportionen als Vorbild dient, ist eigentlich zu klein dafür. Deshalb sehen die Planungen eine Etage mehr vor – was die Anhänger eines originalgetreuen Wiederaufbaus kritisieren. Die PDS wiederum, der politische Hauptgegner des Projektes, will den neuen Landtag ohnehin auf dem Nachbargrundstück direkt am Ufer der Havel bauen. Wo einst das Palais Barberini stand.
Der Stadtschloss-Verein schlägt nun vor, im Landtagsgebäude auf die zusätzlichen Büroräume für Berliner Abgeordnete zu verzichten, die bisherige Zusatzetage einzusparen, was das 85-Millionen- Euro-Projekt nach seinen Berechnungen um rund 16 Millionen Euro verbilligen würde. Im Fall einer Fusion könne man dann später immer noch ein zweites Bürogebäude nebenan am Ufer der Alten Fahrt der Havel errichten (siehe Grafik), zwischen der Langen Brücke und dem früheren Palais Barberini, an dessen ungefährem Platz heute die „Blechbüchse“ steht, in der bis zu seinem Auszug im Sommer das Hans-Otto-Theater spielte. Beide Bauten könnten durch einen kurzen Fußgängertunnel miteinander verbunden werden - so wie der Reichstag in Berlin mit dem Paul-Löbe-Haus, wo viele Bundestagsabgeordnete ihre Büros haben. Dies wäre städtebaulich sinnvoll und die Funktionalität des Parlaments würde nicht beeinträchtigt, sagte Schöne. Man komme damit auch der PDS entgegen, die den Landtag als „Wasserschloss“ favorisiere.
Die ersten Reaktionen sind allerdings zurückhaltend. Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) sagte, er sei skeptisch. Ein schriftliches Konzept müsste von der Bauabteilung des Finanzministeriums geprüft werden: Es gelte die Prämisse, dass alle Landtags-Funktionen „unter einem Dach untergebracht“ werden. Bis zu einer Fusion, hält Schöne entgegen, wäre das ja der Fall. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) wiederum hat Bedenken, das Projekt ganz neu zu planen und damit eine neue Abstimmung im Landtag zu riskieren, was nach den Unwägbarkeiten in Potsdam zu neuen Unsicherheiten führen würde. Und für PDS-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg hat die geplante Bürgerbefragung für den Standort des neuen Landtages Vorrang. „Wenn eine Mehrheit der Potsdamer für das Schlossgrundstück am Alten Markt sein sollte, kann man das diskutieren.“
In die Potsdamer Debatte hatte sich zuletzt auch der langjährigen Berliner Senatsbaudirektor Hans Stimmann eingeschaltet. Wie berichtet, hält er die bisherigen Planungen, den neuen Landtag als Symbiose aus historischer und moderner Architektur zu bauen, für „Murks“. An diesem Ort gehe nur „ein Entweder-Oder“, nämlich die auch von ihm selbst befürwortete Rekonstruktion des alten Schlosses im Äußeren und Inneren oder zeitgenössische Architektur. In Potsdam habe man sich all die Jahre nie tiefgründig mit dem alten Stadtschloss auseinandergesetzt, kritisierte Stimmann. Er riet den Stadtvätern zu einer Auszeit und Denkpause „von fünf Jahren“.
Die Reaktionen darauf sind kontrovers. PDS-Fraktionschef Scharfenberg sieht sich in seiner bisherigen Kritik am Schloss-Aufbau und den praktizierten Verfahren bestätigt. Oberbürgermeister Jann Jakobs äußerte sich irritiert über die „Sprücheklopferei“. Stimmann wisse offenbar nicht, wie intensiv in Potsdam seit 1990 über den Alten Markt und den Aufbau des Stadtschlosses diskutiert wurde. Und Berlin sei mit seinem Schlossplatz nicht weiter.
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