Landeshauptstadt: „Kleines Schloss“ mit mediterraner Küche
Gaststätte im Babelsberger Park soll im Mai wiedereröffnet werden / Bis dahin sonntags Schaustelle
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Gaststätte im Babelsberger Park soll im Mai wiedereröffnet werden / Bis dahin sonntags Schaustelle Von Erhart Hohenstein Babelsberg. Der alte Kaiser Wilhelm trank Kümmel von Gilka und Bötzows untergäriges Bier. Jetzt hat ein Nachfahre der später durch Heirat verbundenen beiden Hoflieferantenfamilien wieder Blickkontakt zum kaiserlichen Schloss: Arndt Gilka-Bötzow. Der seit 1999 in Babelsberg wohnende Hotelfachmann hat mit seiner Frau Claudia das Ende vorigen Jahres vom bisherigen Pächter aus Altersgründen aufgegebene „Kleine Schloss“ übernommen. Im Rennen um die von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten neu ausgeschriebene Gaststätte setzten sich die Gilka-Bötzows mit einem stimmigen Konzept gegen zahlreiche Mitbewerber durch. Dieses Konzept sieht vier Salons vor. Vom Eingangsflur, der mit Porträts der kaiserlichen Familie geschmückt wird, erreicht der Gast das Cafézimmer mit zierlichen Tischen und Stühlen, mitten im Raum der Tresen mit großer Espressomaschine und das Kuchenbuffet. Rechts ab geht es in den Kavaliersalon mit blanken Holztischen und Lederbänken. Links findet der Gast das Damenzimmer im Biedermeierstil, das an die legendäre Kronprinzessin Victoria erinnern soll, die bekanntlich zeitweise oben im großen Schloss wohnte. Hinter dem Damen- das Kaminzimmer, nobel ausgestattet und für Feierlichkeiten geeignet. Im Freien soll es 60 Plätze geben, fast zweimal mehr als bislang. Die Stiftung hat zugestimmt, dass nicht nur die Terrasse, sondern auch seitlich des Gebäudes der Bereich mit der Weinlaube dafür genutzt werden darf. Immer sonntags von 12 bis 16 Uhr wird die Baustelle zur Schaustelle. Dann kann der Spaziergänger bei Kaffee und Kuchen schon vor der Eröffnung einen Blick in die 60 Personen fassenden Räume werfen. Auf die Kochkünste von Claudia Gilka-Bötzow muss er noch verzichten. Die gebürtige Schweizerin hat die klassische französische Küche studiert und wird leichte mediterrane Kost anbieten – vom Hühnerbrüstchen auf Rosmarin-Balsamico-Sauce bis zum Victoriabarsch auf Sektschaum mit Schoten und Schlosskartoffeln. Der Meraner Kuchen mit gemahlenen Mandeln und Espresso ist eine Reminiszenz an ihre Bergheimat. Vegetarisches und einen Seniorenteller gibt es ebenfalls. Das neue Pächterpaar hofft, das „Kleine Schloss“ Anfang Mai öffnen zu können. Zugänglich ist es bis zum Einbruch der Dunkelheit, wenn die Parktore schließen, im Sommer also länger als winters. Abends sollen aber Events angeboten und die Gäste dazu im Fackelschein vom Parkeingang abgeholt und wieder zurückgebracht werden. Der Bayreuther Arndt Gilka-Bötzow denkt dabei thematisch auch an eine Verbindung mit seiner Geburtsstadt. Dorthin wurde bekanntlich Prinzessin Wilhelmine, die Lieblingsschwester Friedrichs des Großen, verheiratet, und unterstützte als Markgräfin die Schlossbauten ihres Bruders mit der Entsendung fähiger Architekten und Bildhauer. Das Kleine Schloss ist aber auch mit anderen großen Namen der preußischen Geschichte verbunden. Prinz Wilhelm – der spätere Kaiser Wilhelm I. – hatte das mit einem Gartenhaus besetzte Grundstück 1833 von dem Webermeister Blumen erworben, dessen Vorfahren ebenso wie jetzt Claudia Gilka-Bötzow aus der Schweiz in die durch König Friedrich II. angelegte Kolonie Nowawes gekommen waren und dort 1754 in der heutigen Wichgrafstraße ein Haus als Schenkung erhalten hatten. Der neue Eigentümer beauftragte den Hofarchitekten Ludwig Persius, das Gartenhaus aufzustocken und zu erweitern. An den Entwürfen beteiligten sich auch Wilhelms Gattin Prinzessin Augusta und sein älterer Bruder Kronprinz Friedrich Wilhelm IV.. Das Gebäude erhielt Wohnungen für den Förster Geldermann und die prinzlichen Adjutanten. Seine heutige Gestalt als „Kleines Schloss“ im englischen Tudorstil erhielt das Haus 1841/42 nach nochmaligem Umbau durch den Architekten Eduard Gebhardt. Daran wirkte erneut Prinzessin Augusta mit. Danach wohnte in dem nun „Prinzenburg“ genannten Gebäude bis Ende der 40er Jahre Prinz Friedrich Wilhelm (der spätere Kaiser Friedrich III.). Damit war die Zeit der klangvollen Namen vorbei. Hofdamen und Bedienstete zogen ein, nach Ende der Monarchie wurde es gewöhnliches Wohnhaus und nach 1946 Erholungsheim der Filmgesellschaft DEFA. Seine Zeit als Gaststätte begann 1950 unter der Bezeichnung „Strandterrassen“. Fortschreitender Verfall erzwang 1970 die Schließung, doch 1981 konnte sie nach umfangreichen Baumaßnahmen wiedereröffnet werden.
Erhart Hohenstein
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