
© A. Klaer
Diskussion um Potsdams Mitte: Klipp rückt von Staudenhof-Abriss ab
Machbarkeitsstudie soll Erhalt von Plattenbau prüfen, obwohl dies geltenden Beschlüssen widerspricht
Stand:
Innenstadt - Die Stadt weicht ein vom Stadtparlament beschlossenes Sanierungsziel für die Potsdamer Mitte auf: Der Staudenhof-Plattenbau Am Alten Markt 10 wird möglicherweise doch nicht abgerissen. Das erklärte Baudezernent Matthias Klipp (Bündnis 90/Grüne) am Mittwochabend überraschend vor den Stadtverordneten. Es sei „Zeit für eine Neubewertung“ des Gebäudes, in dem sich rund 180 Wohnungen für im Schnitt 6,82 Euro Miete pro Quadratmeter befänden.
Bisher galt es als ausgemacht, dass der Staudenhof in einigen Jahren abgerissen wird. Laut geltender Beschlusslage zur Potsdamer Mitte ist im Bereich des Staudenhofs eine Rückkehr zur historischen, kleinteiligen Karreebebauung mit einem Innenhof anstelle des jetzigen Siebengeschossers vorgesehen – entsprechend dem früheren Stadtgrundriss. Zum Karree soll der Leitbau „Palazzo Giulio Capra“ mit Originalfassade gehören. Dieser Teil der Mitte soll ab 2013 beplant werden, nach Errichtung des Stadtschlosses und der Bebauung der Alten Fahrt. Bisher hatte auch Klipp keine Zweifel daran aufkommen lassen, dass der Plattenbau dann abgerissen wird – einzig einen „Vorratsabbruch“ hatte er ausgeschlossen.
Nun denkt Klipp um: Angesichts der steigenden Mieten in Potsdam und insbesondere dem Mangel an kleinenWohnungen, die es aber gerade im Staudenhof gebe, kündigte Klipp nun eine „Machbarkeitsstudie“ an, ob das Anfang der 1970er errichtete Haus doch erhalten werden könne. Anders als beim Gebäude der Fachhochschule, das abgerissen werden müsse, könne die Wiederannäherung an die Potsdamer Mitte auch mit dem Staudenhof gelingen, so Klipp. Für die kommunale Pro Potsdam, deren Aufsichtsratsvorsitz Klipp Anfang 2012 übernehmen soll, sei das Gebäude eine „Cash Cow“ und liefere Gewinne, so der Beigeordnete. Diese Kuh müsse man „nicht ohne Not schlachten“, sagte Klipp. Zudem sei die Wohnanlage noch mit Krediten belastet.Angesichts der Kollision des Staudenhof-Erhalts mit dem beschlossenen Leitbautenkonzept müssten die Stadtverordneten möglicherweise eine neue Entscheidung treffen. „Ich hoffe auf einen parteiübergreifenden Kompromiss“, betonte Klipp.
Für den Erhalt des Staudenhofs haben Anwohner eine Bürgerinitiative gegründet, die Linke ist seit Jahren gegen den Abriss. Die Fraktion hatte nun im Stadtparlament einen Antrag eingebracht, einen städtebaulichen Wettbewerb durchzuführen, in dem die „Einpassung“ des Staudenhofs in die künftige Gestaltung der historischen Stadtmitte „zurDiskussion gestellt wird“. Ziel sei es, weiter preiswertes Wohnen in der Innenstadt zu ermöglichen, so der Linke-Antrag. Eine Mehrheit der Stadtverordneten, insbesondere mit Stimmen aus der SPD, folgte dem Vorschlag. Bei ihrem Parteitag im September hatte die SPD bereits beschlossen, „Geschosswohnungsbau“ in der Mitte zu erhalten.
Hinter den Kulissen soll es nach PNN-Informationen zudem einen Deal gegeben haben: Dafür, dass die Linken am kommenden Montag sicher für den umstrittenen Entwurf für den Leitbau der Humboldtstraße 1 und 2 stimmen, soll ihnen die nun vorgeschlagene Machbarkeitsstudie angeboten worden sein. Bekanntlich opponieren die Fraktionen der Grünen und der FDP, die gemeinsam acht Sitze im Stadtparlament haben, gegen den vom Verfahrenssieger Kondor Wessels Holding GmbH vorgelegten Entwurf für ein fünfgeschossiges Ärzte- und Bürohaus. Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg dementierte auf Anfrage, dass es einen Deal gegeben habe. Weiter sagte er: „Wir freuen uns aber, dass wir unseren Antrag durchsetzen konnten.“
Trotzdem ging es im Stadtparlament sehr zügig, als es um den Beschluss zum Staudenhof ging. Saskia Hüneke von den Grünen, die seit Jahren für einen möglichst originalgetreuen Wiederaufbau der Innenstadt kämpft, scheiterte sogar damit, den Linke-Antrag für den städtebaulichen Wettbewerb doch zunächst noch einmal im zuständigen und fachlich qualifizierten Ausschuss für Bauen und Stadtentwicklung zu behandeln.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: