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Landeshauptstadt: Klipps Zahlenspiele

Im Streit um den FH-Umzug rudert die Stadt zurück. Der Schaden ist nicht so hoch wie angegeben

Stand:

Das Szenario klang bedrohlich: Sollte die marode Fachhochschule (FH) am Alten Markt nicht vor 2017 abgerissen werden können, könnte die Stadt mehr als 13 Millionen Euro Fördermittel verlieren. Doch ganz so dramatisch ist es doch nicht. Wie Stadtsprecher Stefan Schulz am Dienstag gegenüber den PNN einräumte, gehe es tatsächlich lediglich um rund acht bis zehn Millionen Euro Fördergeld.

Die Rechnung mit den 13 Millionen Euro hatte Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) vor zwei Wochen vor Journalisten aufgemacht und dabei nachdrücklich den Umzug der Fachhochschule vom Alten Markt in das Gebäude des Rechenzentrums in der Breiten Straße bereits im kommenden Jahr gefordert. Schulz räumte ein, die bei dem Gespräch auch schriftlich festgehaltene Summe bedrohter Fördermittel habe den geplanten kommunalen Finanzierungsanteil sowie geplante Erträge aus dem Grundstücksverkäufen beinhaltet: „Das war leider missverständlich formuliert.“ In dem damals ausgereichten Papier ist von exakt 13 292 466 Euro die Rede, die verfallen könnten.

Schulz reagierte auf Ergebnisse einer PNN-Anfrage beim Landesbauministerium. Dort bestätigte ein Sprecher, für Potsdam stünden von 2012 bis 2016 die besagten acht bis zehn Millionen Fördermittel zur Verfügung – und zwar nicht nur für den FH-Abriss, sondern auch für die Gestaltung des Steubenplatzes oder der Humboldtstraße. Zudem würden die gesamten Vorhaben auch nach 2016 förderfähig bleiben, so der Sprecher weiter.

Auch Stadtsprecher Schulz bestätigte, bei den Fördergeldern gehe es nicht nur um Mittel für die FH. Auch das nun als FH-Interimsquartier ins Spiel gebrachte Rechenzentrum sollte bereits dieses Jahr abgerissen werden, ebenso wie die alte Feuerwache in der Nähe. Schulz sagte, diese drei Maßnahmen könnten nur bei einer entsprechenden Gesamtfinanzierung umgesetzt werden – daher habe man in dem Papier die Summen der Fördermittel addiert. Zugleich bestehe keine Garantie, dass die in Aussicht gestellten Mittel tatsächlich später noch zur Verfügung stünden. Hintergrund: Eigentlich hatte die FH schon vor zwei Jahren planiert werden sollen. Seitdem gab es mehrfach Verzögerungen für einen Neubau an der Pappelallee.

Schon eine andere Klipp-Aussage zur FH war nicht ganz gedeckt. Er hatte den Zeitplan für die Fertigstellung des FH-Neubaus auch deshalb in Zweifel gezogen, weil der Stadtverwaltung noch kein Bauantrag vorliege. Doch die Potsdamer Baubehörde ist nicht zuständig: In der Brandenburger Bauordnung ist geregelt, dass Bauvorhaben des Bundes und der Länder keiner Genehmigung bedürfen, wenn der öffentliche Bauherr etwa die Leitung der Entwurfsarbeiten einer sogenannten Baudienststelle übertragen hat. Und das hat das Finanzministerium am 12. August getan. In einem Schreiben an das zuständige Infrastrukturministerium hat es am 16. September zudem um eine zügige Bearbeitung gebeten. Das Schreiben, das den PNN vorliegt, ging am 22. September auch bei der Stadtverwaltung ein – also vor Klipps Anmerkung Ende September, dass noch kein Bauantrag vorliege.

Erst nach mehr als einer Woche des öffentlich ausgetragenen Streits hatte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) eingegriffen, um die Situation zu versachlichen, wie es hieß. Zuvor hatten Stadtpolitiker harsche Kritik an Klipp geübt. Am heutigen Mittwoch wird FH-Präsident Eckehard Binas im Hauptausschuss der Stadtverordneten erwartet und soll sich dort erklären. Intern hält ihm die Stadtverwaltung nach PNN-Informationen vor, sich bei den Verhandlungen über einen möglichen Umzug überhaupt nicht kompromissbereit gezeigt zu haben – und keine eigenen Vorschläge zu machen.

Das Thema wird auch in der nächsten Stadtverordnetenversammlung am 5. November behandelt. Die Linke hat einen Antrag gestellt, alle Bemühungen für eine Zwischenverlagerung der Fachhochschule in das Rechenzentrum sofort einzustellen. Die Grünen fordern, die Verhandlungen zur FH müssten „Chefsache“ werden, als Ergebnis müsse ein verbindlicher Auszugstermin stehen. Dabei soll für die Studenten und Professoren die provisorische Unterbringung auf dem FH-Gelände an der Pappelallee als Alternative geprüft werden. HK/ mar

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