zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Knabenschule darf nicht eröffnen

Ministerium: Jungen und Mädchen sollen gemeinsam lernen, Rechtsprofessor zweifelt Ablehnung an

Stand:

Bornstedt - Die Pläne für das bundesweit erste Jungengymnasium der Priester- und Laienorganisation Opus Dei in Potsdam haben einen herben Dämpfer erhalten. Das brandenburgische Bildungsministerium lehnte am Mittwoch den Antrag der katholischen Elterninitiative ab. Ein Gymnasium allein für Jungen widerspreche dem gesetzlichen Grundsatz eines gemeinsamen Unterrichts von Jungen und Mädchen, teilte das Ministerium mit. Die Initiative hatte für den Fall einer Absage angekündigt, juristisch dagegen vorzugehen. Zunächst wolle man jetzt die Begründung des Ministeriums prüfen, sagte der Vorsitzende der Initiative Freie Schulen Brandenburg, Christoph Rüssel.

Es ist landesweit der zweite Antrag auf Eröffnung einer Privatschule, der seitens des Ministeriums abgelehnt wird. Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) begrüßte die Entscheidung. Seine Partei sprach sich ebenso wie die Linkspartei.PDS und die Bündnisgrünen öffentlich gegen ein Knabengymnasium aus. Bis zuletzt wurde seitens der Stadt sogar geprüft, den von Opus Dei favorisierten Standort selbst für die Einrichtung einer neuen Grundschule zu nutzen. Christoph Rüssel und seine Initiative wollte ein altes Kasernengebäude an der Pappelallee kaufen und darauf ab Sommer eine Schule samt Gewerbebauten verwirklichen.

Rüssel kündigte gestern an, sich weiter für den Aufbau der so genannte Single- Sex-School einzusetzen. „Inzwischen verstehen wir uns immer mehr auch als Anwalt für die vielen Eltern und Kinder, die diese Schule ausdrücklich wünschen und uns gebeten haben, nicht aufzugeben.“ Ein reines Jungen- bzw. Mädchengymnasium diene dazu, den entwicklungsspezifischen Besonderheiten von Schülern und Schülerinnen gerecht zu werden und für beide Geschlechter eine optimale Bildung zu gewährleisten. „Diese Entscheidung des Bildungsministeriums übergeht das grundgesetzlich verbürgte Elternrecht, alternative Schulformen für ihre Kinder zu wählen, wie es in anderen Bundesländern in über 100 Jungen- und Mädchengymnasien praktiziert wird.“, so Rüssel.

Experten äußerten Zweifel an der Begründung der Ablehnung. In der Mitteilung des Ministeriums hieß es, dass Schulen freier Träger laut Schulgesetz (Paragraf 120) als Ersatz für öffentliche Schulen dienen könnten. Der Antrag ist in den Augen des Ministeriums kein vollwertiges Ersatzangebot, weil er sich ausschließlich an Jungen richtet. Öffentliche Schulen im Land seien jedoch laut Paragraf 4 des Brandenburgischen Schulgesetzes koedukativ. Der Verwaltungsjurist Professor Ulrich Häde von der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder), bezweifelte die Stichhaltigkeit der Ablehnung und griff die Argumentation der Initiative auf. Das Gebot der Koedukation gelte nicht für private Schulen. Das Schulgesetz beschränke die Anwendbarkeit seiner Regelungen auf Schulen in öffentlicher Trägerschaft. „Für Privatschulen gilt das Gesetz nach seinem Paragrafen Eins Absatz zwei nur, soweit das ausdrücklich bestimmt ist. Im Hinblick auf das Gebot gemeinsamen Unterrichts gibt es eine solche Bestimmung aber nicht.“ Aus diesem Grund dürfte die Genehmigung für eine private Mädchen- oder Jungenschule nicht versagt werden.

An dem Knabengymnasium Bornstedt, wie das Projekt hieß, soll ein Opus-Dei- Priester als Seelsorger und Religionslehrer arbeiten. Später soll es den Plänen zufolge auch ein katholisches Mädchengymnasium geben. Opus Dei wurde immer wieder wegen angeblich sektenähnlicher Strukturen und obskurer Bußpraktiken kritisiert. In den vergangenen Wochen hat das Knabengymnasium zudem überraschend Konkurrenz aus den eigenen Reihen bekommen: Das Erzbistum Berlin will jetzt selbst die katholisches Marienschule mit Grundschule und Gymnasium im Zentrum-Ost errichten, allerdings für Jungen und Mädchen. Die Initiative Rüssels wurde vom Erzbistum nicht unterstützt, laut Bistums-Sprecher Stefan Förner aber begrüßt. jab/dpa

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })