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Landeshauptstadt: Knobelsdorff im Zeitraffer

Ein exklusiv für die PNN produzierter Film über das Stadtschloss feiert am kommenden Freitag öffentlich Premiere

Von Peer Straube

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Günther Jauch erinnert sich noch gut daran, wie bestürzt er war. Als der TV-Moderator nach Potsdam zog und zum ersten Mal über den Alten Markt spazierte, „war das nur eine entsetzliche Brache, über die der Wind pfiff“. Dann reifte die Idee: „Ich dachte, wenn ich das hinkriege, dass dieses Fortunaportal wieder steht und die Leute sich fragen, was steht denn da für ein armes kleines Tor“, dann werde sich auch in den Köpfen der Menschen festsetzen, „da fehlt doch was“. Der Rest ist längst Potsdamer Legende. Jauch machte Millionen locker, das Fortunaportal wurde wiederaufgebaut und wurde letztlich zur Initialzündung dafür, dass auch der Rest des Potsdamer Stadtschlosses folgte, als neuer Sitz des brandenburgischen Landtags.

Die Geschichte dieses Schlosses zeichnet jetzt der Film „Das neue Potsdamer Stadtschloss – wie aus Vergangenheit Zukunft wurde“ nach, den der Historiker und Filmemacher Joachim Castan exklusiv für die PNN produziert hat und der am kommenden Freitag im Le Manège auf dem Kutschstallhof seine öffentliche Premiere feiert. Nicht nur Jauch erinnert sich in dem 77-minütigen Streifen an das zähe Ringen um den Wiederaufbau – auch andere Beteiligte geben ihre Sicht auf das unbestritten wichtigste Gebäude der Potsdamer Mitte preis, darunter Landtagsarchitekt Peter Kulka, Mitteschön-Sprecherin Barbara Kuster und der Historiker Hans-Joachim Kuke, der auch Mitglied im Stadtschloss-Förderverein ist. Auch Schlosskritiker wie Lutz Boede von der Wählergemeinschaft Die Andere kommen darin zu Wort.

Monatelang hat Castan, der bereits zwei DVDs mit historischen Potsdam-Filmen für die PNN produziert hat, an dem neuen Werk gearbeitet – und dabei auch neue Raritäten ausgegraben. In einem Prager Trödelladen entdeckte Castan einen Acht-Millimeter-Film, den tschechische Offiziere 1957 bei einem Potsdam-Besuch gedreht haben: Zu sehen sind neben der Ruine des Potsdamer Stadtschlosses auch der Stumpf der Garnisonkirche und die im Wiederaufbau befindliche Nikolaikirche. Die spektakultären Farbaufnahmen vom unzerstörten Potsdam, die ein amerikanischer Tourist im Jahre 1940 gedreht hat, haben ebenfalls Seltenheitswert.

Einer der Höhepunkte des Films sind zweifellos die Zeitraffersequenzen, die den Bau des neuen Landtagsschlosses – vom Beginn der archäologischen Ausgrabungen bis zur Fertigstellung Anfang 2014 – in Minutenschnelle vor den Augen des Zuschauers ablaufen lassen. Castan konnte dafür auf die Aufnahmen einer Webcam zurückgreifen, die die PNN vor Beginn der Bauarbeiten auf dem Dach des Mercure-Hotels installieren ließen. Fünf Jahre lang schoss die Kamera alle drei Minuten ein Foto von der Stadtschlossbaustelle.

Spektakuläre Luftaufnahmen lieferte zudem eine Drohne, die Castan zu Jahresbeginn über das vollendete Landtagsschloss fliegen ließ. Fünf Genehmigungen habe er einholen müssen, um das Fluggerät um und über das Schloss kreisen lassen zu können, sagt Castan. Für etwaige Schäden, die die Drohne am Bauwerk hätte verursachen können, musste eine Versicherung über drei Millionen Euro abgeschlossen werden.

Trotzdem hatte Castan noch bangen müssen – wegen des Wetters. Rund um den geplanten Start der Drohne war es unbeständig, regnerisch und vor allem windig. Doch als es ernst wurde, war Fortuna dem Projekt hold: Der Himmel riss auf und es konnte bei strahlendem Sonnenschein gefilmt werden.

Castan hat den Film in drei Teile gegliedert: So wird die Geschichte des historischen Stadtschlosses bis zu seiner Zerstörung im April 1945 geschildert. Darüber hinaus werden auch die Jahre bis zum Abriss der Schlossruine beleuchtet, ebenso die Pläne, die es zu DDR-Zeiten für die Brache am Alten Markt gab, darunter jene für den Neubau des Hans Otto Theaters.

Den größten Teil jedoch macht die Debatte um den Wiederaufbau des Stadtschlosses aus. Dabei lebt der Film auch von der Gegensätzlichkeit der Auffasungen. Kulka etwa merkt man an, dass ihn die Vorgabe, den Landtag im Knobelsdorffschen Gewand zu errichten, nicht immer glücklich gemacht hat. „Man muss das auch kritisch sehen – wir haben hier einen Neubau, wie kann man den glaubhaft machen?“ Kulka gab die Antwort darauf im Innern des Gebäudes, dessen konsequent moderne Gestaltung einen Kontrast zur historischen Hülle bildet. Das strahlende Weiß der Wände, des Treppenhauses und des Plenarsaals sei Teil seiner Philosophie, erklärt Kulka. „Ich finde es schön, wenn Räume Ausstrahlung haben, aber auch Bescheidenhei ausdrücken.“ Mit dieser Haltung hatte sich der Architekt bei Mitteschön und dem Stadtschloss-Förderverein nicht nur Freunde gemacht. Inzwischen, sagen Kuke und Kuster, sei man aber mit Kulka versöhnt. „Es ist ein großartiges Bauwerk geworden“, lobt Historiker Kuke. Jauch bringt das Gefühl, das wohl viele beim Betreten des Alten Marktes bewegt, am besten auf den Punkt: Er sei zwar auch gegen „verkitschte Disney-Imitate“, sagt der Fernsehmoderator. Aber man merke, „dass das Raumgefühl, die Kubatur auf diesem Platz, der einmal zu den schönsten Europas zählte – dass da wieder Maß und Mitte stimmen“.

Die DVD „Das neue Potsdamer Stadtschloss – Wie aus Vergangenheit Zukunft wurde“ ist ab sofort für 19,80 Euro im PNN-Shop bei Karstadt in der Brandenburger Straße oder im Onlineshop unter pnn.de erhältlich. Öffentliche Premiere in Anwesenheit des Filmemachers Joachim Castan und des Landtagsarchitekten Peter Kulka am Freitag, dem 16. Mai, um 19 Uhr (Einlass ab 18.30 Uhr) im Le Manège im Kutschstallhof am Neuen Markt. Der Eintritt ist frei

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