Landeshauptstadt: Knollen in violetter Schale
Der wöchentliche PNN-Gartentipp
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Der wöchentliche PNN-Gartentipp Von Erhart Hohenstein Violette, blaue oder rosa Schalen haben einige der Kartoffelsorten, die der Biobauer Reinhold Jacobs in der Prignitz anbaut. Er gehört zu jenem Kreis von Landwirten und Gärtnern, die historische Nutzpflanzen erhalten, wie sie heute größtenteils durch Exporte aus den Läden verdrängt worden sind. Jacobs mischt auf seinen Äckern rund 40 Kartoffelsorten. Für Kleingärtner lohnt der Versuch, es ihm in kleinerem Maßstab nachzutun. Ohnehin bauen sie in den letzten Jahren stärker Kartoffeln an, die sie den von den Märkten angebotenen vorziehen. Zwar möchten wir die keineswegs mit jenen Knollen aus DDR-Zeiten vergleichen, die nicht außen, sondern innen violett oder schwarz waren, in Geruch und Geschmack können sie aber oft nicht befriedigen. Wie kommt man nun an solche traditionellen Sorten wie Viktoria, Rotkehlchen oder Ackersegen heran? Dafür gibt es in Greiffenberg (Uckermark) den Verein zur Erhaltung und Rekultivierung von Nutzpflanzen in Brandenburg e.V., kurz VERN genannt. Er wirkt mit der Gen- (besser Samen)bank in Gatersleben zusammen, wo 100 000 Muster von Kulturpflanzen deponiert sind. VERN hat Anbau und Verwendung solcher alten Kultur- und Zierpflanzensorten untersucht und baut sie in einem so genannten Erhaltungsgarten probeweise an. In Greiffenberg kann sich der Interessent beraten lassen und an Verkostungen teilnehmen. Das betrifft keineswegs nur Kartoffeln. In jüngster Zeit wurden u.a. Anbau und die regionale Verarbeitung von Dickkopfweizen und Norddeutschem Champagnerroggen erprobt. Der aus der französischen Weinprovinz stammende Roggen ist langwüchsig (was der modernen Erntetechnik entgegensteht) und besitzt volle, winter- und auswuchsfeste Ähren. Der Dickkopfweizen sichert ebenfalls einen hohen Ertrag. Von den mehreren Tausend Nutz- und Zierpflanzen, die VERN bewahrt, seien hier noch die Kohlgemüse und Kohlrüben genannt. Bestimmten sie früher die brandenburgische Küche, so taugt der Rotkohl jetzt allenfalls als Glasgemüse zur Roulade. Dabei lohnt es durchaus, einmal wieder Sauren Knieper aus gesäuertem Grün-, Weiß- und Rotkohl mit Bauchfleisch auf den Tisch zu bringen, einst das Leibgericht der Prignitz. Was VERN seit 1996 anbaut und anbietet, ist keineswegs nur eine Verbeugung vor nostalgisch gestimmten Gartenfreunden. Die alten Kulturpflanzen sind eine wichtige Genreserve für das Herauszüchten neuer Sorten. Deshalb erhält der Verein vom Agrar- und Umweltministerium jährlich finanzielle Unterstützung aus Lottomitteln. VERN, Burgstraße 20, 16278 Greiffenberg, Tel.: (03334) 70 232, Fax: (03334) 85 102, Mail: vern_ev@01019freenet.de, Internet: www.vern.de
Erhart Hohenstein
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