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Muss schnell gehen und gut aussehen. Fabian Harmuth, Praktikant im Dorint-Hotel und Beikoch-Azubi, kümmert sich um das Dessert.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Kochen für Hunderte

Azubis des Oberlin-Berufsbildungswerks absolvieren ihre Praktika im Dorint-Hotel

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Was in dem Spritzbeutel ist, weiß Fabian Harmuth gar nicht. Für den Arbeitsablauf ist das ohnehin nebensächlich, der Beikoch-Azubi füllt sorgfältig ein Glas nach dem anderen mit – nun hat er es doch herausbekommen – Pfirsichmousse. Zum Schluss kommt noch eine Physalisblüte drauf, er biegt die Blätter zurück und dreht sie am Stilansatz ein, den Trick hat er in der Berufsschule gelernt. Das Dessert wird später auf einem Buffet für Konferenzteilnehmer oder Hotelgäste landen. Gemüse schnippeln, Salate zubereiten, Dekorieren, Anrichten, all das gehört zum Aufgabenbereich des 22-Jährigen, der seit Kurzem im Rahmen seiner Ausbildung ein Praktikum in der Küche des Potsdamer Dorint-Hotels absolviert.

Solche Ausflüge in den Berufsalltag sind besonders wichtig für Auszubildende wie Harmuth, die im dualen System Praxis und schulische Ausbildung in einem Hause erfahren. Fabian Harmuth lernt im Berufsbildungswerk (BBW) im Oberlinhaus. Die sonderpädagogische Berufsschule in der Steinstraße ist speziell eingestellt auf Jugendliche mit Behinderungen, seien es Sinnes- oder psychische Störungen, eine Körperbehinderung oder eine Kombination von mehreren. „Wir haben kleine Klassen und bieten spezielle Förderungen beispielsweise im Fall von Diskalkulie oder Lese- und Rechtschreibschwäche. Außerdem haben alle Ausbilder eine Weiterbildung im Bereich der Rehapädagogik absolviert“, sagt Birgit Fischer, BBW-Sprecherin.

Derzeit absolvieren etwa 600 Jugendliche eine berufsvorbereitende Maßnahme oder erlernen einen von 32 Ausbildungsberufen in den Branchen Drucktechnik, Ernährung und Hauswirtschaft, Holztechnik und Orthopädietechnik, Handel, Wirtschaft und Verwaltung oder Metalltechnik.

So eine Lehre als Metallarbeiter hatte Fabian Harmuth nach seinem Zehnte-Klasse-Abschluss, den er an der Förderschule machte, angefangen, „aber das war nichts für mich“, merkte er bald. Auch ein berufsvorbereitendes Jahr hat er absolviert. Mit der Ausbildung zum Beikoch hat er jetzt das Richtige gefunden, so macht es den Eindruck. Das fünfwöchige Praktikum im Dorint-Hotel ist sein erstes. Marcus Womacka, stellvertretender Küchenchef, ist mit ihm zufrieden. „Er kann was, ist motiviert und höflich, immer vorbildlich angezogen, das ist heute leider nicht mehr selbstverständlich“, sagt Womacka, ohne seine Arbeit zu unterbrechen. Es ist später Vormittag, demnächst muss das Mittagessen raus. „Viele denken, das ist hier wie im Fernsehen“, spricht er weiter, „ aber es ist ein harter Beruf, wir machen hier Systemgastronomie, wir kochen für Hunderte Personen.“

Das hat Harmuth schon bemerkt. In der Berufsschulküche kochen sie nur mit frischen Lebensmitteln und nicht mit Fertigprodukten, sagt er, das schmecke natürlich besser, sei aber wohl teurer und zeitaufwändig. In einem großen Betrieb wie diesem müsse es dagegen meist schnell gehen, vermutet er. Diesen positiven Stress, das Kennenlernen neuer Arbeitsabläufe und die Anerkennung von Kollegen sind jedoch wichtige Erfahrungen für den Azubi im zweiten Lehrjahr. Er ist ein stiller Mensch, aber man spürt, dass er sich Gedanken macht. Er weiß schon, wie der nächste Praktikumsplatz aussehen soll: Weil Harmuth gern backt – letztens einen russischen Zupfkuchen mit Mandarinen, selbstverständlich keine Backmischung – soll dort idealerweise eine Konditorei angegliedert sein, zumindest die Torten und Desserts nicht aus der Tiefkühltruhe kommen. Gern würde Harmuth sich später mal zum Konditor weiterbilden.

Heute muss er als Nächstes das warme Buffet zusammenstellen, diesmal nicht für die Hotelgäste, sondern für die Angestellten. Es sei ein gutes Verhältnis untereinander, auch in der Küche. „Ich kann alles fragen und bekomme alles erklärt“, sagt Harmuth.

Er ist bereits der sechste Praktikant des BBW im Dorint-Hotel, auch Hauswirtschaftshelfer wurden hierher vermittelt, im Januar will einer bereits zum zweiten Mal kommen, weil er sich so wohl gefühlt habe, sagt Katja Hafemeister, Fachbereichsleiterin Ernährung und Hauswirtschaft vom BBW. Die Initiative zur Kooperation sei dabei vom Dorint ausgegangen, und das Hotel habe sich auf die Azubis, von denen manche noch besondere Unterstützung brauchen, gut eingestellt. „Wir sind sehr an einer langfristigen Zusammenarbeit interessiert“, sagt Hafemeister.

Grundsätzlich sei die Praktikantenvermittlung kein Problem, sagt Fischer vom BBW, schwierig gestalte sich lediglich die Suche nach Praktikumsplätzen für Rollstuhlfahrer, weil nicht alle Betriebe barrierefrei sind. Im BBW sei man weiterhin um die Vermittlung der ausgelernten Azubis in feste Arbeitsverhältnisse bemüht, ein Integrationsdienst bietet beispielsweise Bewerbungstraining an. „Im Schnitt haben nach einem halben Jahr mindestens 50 Prozent unserer Abgänger eine Stelle“, sagt Fischer.

Auch Fabian Harmuth denkt schon daran, was nach der Ausbildung kommen könnte. Er hat gehört, dass im Gastronomiebereich immer wieder Fachkräfte gesucht werden. „2014 habe ich ausgelernt und verdiene dann vielleicht mein eigenes Geld“, sagt er und lächelt.

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