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Landeshauptstadt: Kohl pflanzte einen Kirschbaum

Doch 26 Pflanzlöcher blieben leer: Die angekündigten „Rocklegenden“ ließen sich in Sanssouci nicht blicken

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Doch 26 Pflanzlöcher blieben leer: Die angekündigten „Rocklegenden“ ließen sich in Sanssouci nicht blicken Von Erhart Hohenstein Sanssouci - Im Kirschgarten von Sanssouci, der in der ursprünglichen Gestaltung aus dem 18. Jahrhundert unterhalb der Neuen Kammern wiederersteht, wachsen seit gestern Nachmittag die ersten sieben Bäumchen. Zum Spaten griffen Altbundeskanzler Helmut Kohl, der frühere sowjetische Partei- und Staatschef Michail Gorbatschow, Aga Khan als Nachfahre des Propheten Mohammed, der Schöpfer des WorldWideWeb (Internet) Timothy Berners-Lee und die McCartney-Schwestern, die sich in Nordirland gegen den IRA-Terror einsetzen. Doch wo blieben die angekündigten „Rocklegenden“ Eric Burdon, David Clayton-Thomas, Bobby Kimball, David Knopfl, John Lord oder Chris Thomson? Der veranstaltende Verein Werkstatt Deutschland e.V. ließ ihr Fehlen gegenüber Medien und Publikum unerklärt. Von inoffizieller, aber kompetenter Seite war zu hören, die Altrocker hätten sich eine so genannte „Mittagsvergiftung“ zugezogen und müssten nun ruhen, um für den abends in Berlin geplanten kurzen Auftritt wieder fit zu werden. Immerhin: Der nicht angekündigte deutsche Sänger Peter Maffay war da. Das konnte das an die 150 Köpfe zählende Publikum, das zwischen Polizisten, Hecken und der dahinter platzierten Kette der Presseleute einen Blick auf die Szene zu erhaschen versuchte, so recht nicht trösten. Es blieb nicht nur ausgesperrt, sondern erlebte auch einen wahren Blitzauftritt der Promis, die zuvor in de Neuen Kammern unter anderem mit Edelfisch und Tafelspitz bewirtet worden waren. Nach superkurzer Begrüßung warfen Kohl & Co. ein paar Schippen Erde auf die bereits mit den Bäumchen besetzten und aufgefüllten Pflanzgruben, ließen sich von der Presse ablichten und wandten sich zum Gehen. Auf der Maulbeerallee warteten bereits die Staatskarossen. Am 15. Jahrestag der Deutschen Einheit kein Händeschütteln, nicht einmal ein paar freundliche Worte zu den Wartenden, die zudem durch eine Fülle von Sicherheitsleuten abgedrängt wurden. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, die bei der Pflanzung durch den ständigen Vertreter des Generaldirektors Heinz Berg und Gartendirektor Michael Rohde vertreten war, darf das leicht chaotisch ablaufende Ereignis dennoch als Erfolg verbuchen. Damit konnte sie auf den hohen gartendenkmalpflegerischen Wert hinweisen, die der Wiederherstellung des Kirschgartens zukommt. Vielleicht regt es nach dem Energiekonzern Vattenfall Europe AG, dessen Sponsoring die Arbeiten ermöglicht, andere Unternehmen an, Erhaltung und Restaurierung der Bau- und Gartendenkmale des Weltkulturerbes zu unterstützen. Erleichterung machte sich breit, als die letzte Limousine an der Historischen Mühle hinter der Kurve verschwand, denn der „Werkstatt“-Verein hatte dem Vernehmen nach in Vorbereitung des Promibesuchs in Sanssouci tagelang für Hektik und „glühende“ Telefone gesorgt. Allein für den Pflanzakt soll ein halbes Dutzend Varianten erwogen worden sein, ehe man sich im Interesse der Promis und eines zügigen Ablaufs für die körperlich leichteste entschied. Dass wegen des Unwohlseins der „Rocklegenden“ gestern 26 vorbereitete Pflanzlöcher leer blieben, stört die Sanssouci-Gärtner überhaupt nicht. Nach der hastigen Aktion gestern Nachmittag müssen sie die Bäumchen ohnehin noch einmal richtig in den Boden bringen. Da pflanzen sie in den nächsten Tagen die restlichen gleich mit.

Erhart Hohenstein

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