zum Hauptinhalt

Affären: „Kokolores“ zu Krampnitz

Zumindest die rot-roten Landeskoalitionäre sehen im Kasernen-Verkauf keine Ungereimtheiten

Stand:

Krampnitz - Noch bevor sich für sie die gußeisernen Tore der ehemaligen Kavallerie- und Panzerschule Krampnitz zum ersten Mal öffneten, stand für Mike Bischoff (SPD) und Christian Görke (Linke) fest: Beim Verkauf der 110 Hektar großen Ex-Kaserne im Norden Potsdams im Juli 2007 durch die damals noch landeseigene Brandenburgische Bodengesellschaft (BBG) an die TG Potsdam GmbH sei dem Land Brandenburg kein Schaden entstanden. Für diese Erkenntnis seien zehn Zeugen gehört und 43 Beweisanträge bearbeitet worden, sagte Bischoff und fügte hinzu: „Man muss nicht durch jede Öllache gegangen sein, um sich auszukennen.“

Görke und Bischoff sehen ihr „Zwischenfazit“ nach einem Jahr Ausschussarbeit bereits als das letzte Wort in Sachen Krampnitz an. Schließlich werde sich der Ausschuss anschließend weniger um Krampnitz, sondern eher um Fragen zur Privatisierung der BBG kümmern. Bischoff: Das von der Opposition gezeichnete Bild stimme nicht, wonach der damaligen Finanzminister Rainer Speer (SPD) in der Sauna „tropfend“ seinem „Sportfreund“ erklärt habe, „du kriegst Krampnitz, dafür gibst du Geld für den Sportverein“. „Kokolores“ sei das, erklärte Bischoff. Im Ausschuss habe Krampnitz-Käufer Ingolf Böx, ein Anwalt aus Hannover, versichert, er habe Speer nie getroffen und nie mit ihm über Krampnitz gesprochen. Die These, dass dem Land Millionen entgangen seien, sei „Quatsch“. Die TG Potsdam habe 2007 ein großes Risiko mitgekauft.

Bei einem geschätzten Sanierungsaufwand für die Bestandsgebäude von 250 Millionen Euro müssten für die Altlasten- und Kampfmittelberäumung über sechs Millionen Euro aufgebracht werden. Daher sei vom ursprünglich verhandelten Kaufpreis von 5,3 Millionen Euro ein Abschlag von einer Millionen Euro gewährt worden, informierte Andrea Magdeburg, neben Frank Marczinek, gegen den die Staatsanwaltschaft Potsdam ermittelt, zweite Geschäftsführerin der BBG. Da sich Brandenburg dazu verpflichtet habe, alle bekannten Altlasten selbst zu beseitigen, werde das Land „demnächst“ drei bis vier Millionen Euro für den Austausch des Bodens an einem Tanklager und einer chemischen Wäscherei investieren. „Alle Altlasten, die wir kennen, bezahlen wir“, so Magdeburg. Darauf angesprochen, dass der Krampnitz-Deal für das Land somit ein Null-Summen-Spiel wird, erklärte Bischoff, es war „nie zu erwarten, dass mit russischen Militärliegenschaften Geld zu verdienen ist“.

Bischoff und Görke nutzten die gestrige Tour durch die Kaserne – unternommen mit zwei Gelände-Lkw der DDR-Marke „Robur LO“, mit denen die Sielmann-Stiftung sonst Naturliebhaber zu den Wisenten in der Döberitzer Heide fährt – um den Journalisten den Verfall des Areals vor Augen zu führen. Bischoff vor den arg ramponierten Häusern der Biedermeier-Siedlung: „Jedem wird klar, dass hier kein großer Vermögenswert vor uns liegt.“ Und Görke: „Jetzt ist klar, warum hier der Häuserkampf von Stalingrad gedreht wurde.“ Das Gelände sei nicht erschlossen, Baurecht gebe es bis heute nicht. Man dürfte im Moment „keine Hundehütte“ errichten, erklärte Heinz Franke vom Finanzministerium.

Einem Gutachten der Staatsanwaltschaft zufolge war das Krampnitz-Areal 2007 etwa 30 Millionen Euro wert (PNN berichteten). Darauf verwies gestern der Sprecher der Fraktion der Bündnisgrünen im Landtag, Tobias Arbinger, in einer Mitteilung. Görke und Bischoff verstrickten sich in „sinnlose Verteidigungsreden“. Nun müssten die Fehler der Vergangenheit ausgebügelt werden. Das Vorgehen von Finanzminister Helmuth Markov (Linke), der den Krampnitz-Kaufvertrag rückabwickeln und das Areal der Stadt Potsdam übertragen wolle, sei „der Schritt in die richtige Richtung“.

Freilich dürfte die letzte Aussage auch das Gefallen des Linken Görke finden. „Der Investor hat sich verhoben“, sagte der Ausschuss-Obmann, „spätestens seit Thylander raus war“. Die international tätige dänische Tylandergruppe hatte zwar mit der TG Potsdam einen Vorvertrag abgeschlossen, trat aber 2008 als Reaktion auf die Immobilienkrise von dem Geschäft zurück.

Nun richten sich alle Augen nach Potsdam. Das Land ist zwar noch für alle Krampnitz-Flächen im Grundbuch eingetragen und bemüht sich – trotz eines Rechtsstreits mit der TG Potsdam für zwei lukrative Teilflächen – dies auch zu bleiben. Doch ungeachtet der Eigentumsverhältnisse wird entscheidend sein, ob die Stadt Potsdam die Kaserne zu einem Entwicklungsgebiet erklärt. Eine entsprechende Voruntersuchung der Polo GmbH soll dem Vernehmen nach bis Dezember 2011 vorliegen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })