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Landeshauptstadt: „Komisches Vorgehen“

Denkmalpfleger kritisieren Stadt wegen Verzögerung beim Neubau für die Russisch-orthodoxe Gemeinde

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Nauener Vorstadt - Die Stadt gerät wegen des geplanten Neubaus eines Gemeindezentrums für die Russisch-orthodoxe Kirche in die Kritik. Landesdenkmalchef Detlef Karg und Barbara Precht von Taboritzki von der Unesco-Organisation Icomos (Internationaler Rat für Denkmalpflege) beklagen die Verzögerungen im Genehmigungsverfahren. Landeskonservator Karg sagte, er sei „unzufrieden mit der Arbeit der Stadt“: „So kann es nicht abgehen.“ Die Icomos-Vertreterin sprach gegenüber den PNN von einem „komischen Vorgehen, das nicht den Gepflogenheiten entspricht“.

Die Russisch-orthodoxe Gemeinde plant wie berichtet bereits seit Dezember 2007 den Bau eines neuen Gemeindezentrums auf dem kircheneigenen Gelände an der Nedlitzer Straße. Das Genehmigungsverfahren geriet allerdings im August 2008 ins Stocken, weil Probleme mit dem Standort auf dem Welterbe-Gelände befürchtet wurden. In einem Brief, der den PNN vorliegt, teilte die Stadt der Gemeinde damals mit, man müsse vor weiteren Schritten die Stellungnahme des Landesdenkmalamtes abwarten.

Dort seien jedoch nie beurteilungsfähige Unterlagen eingegangen, wie Detlef Karg erklärt: „Ich kann nicht einem Projekt im Vorfeld zustimmen, ohne es überhaupt genau zu kennen“, sagt der Landeskonservator. Er habe sich nach dem PNN-Bericht vom 18. Februar 2009 deshalb noch einmal schriftlich an Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gewandt, bisher jedoch keine Antwort erhalten: „Bei der Stadt scheint man das Anliegen nicht so ernst zu nehmen“, meint Karg.

Zusätzliche Irritationen hatte der Besuch der Unesco-Vertreterin Barbara Precht von Taboritzki im Februar ausgelöst. Sie sei auf Einladung der Potsdamer Denkmalbehörde vor Ort gewesen, bestätigte sie den PNN. „Aber so lange das Landesamt sich zu dem Projekt nicht geäußert hat, können wir keine Stellungnahme abgeben“, betonte die Denkmalpflegerin: „Wir halten die Wege ein.“

Offenbar hat die Stadt bisher versäumt, eine sogenannte „Bauvoranfrage“ für das Projekt von der Gemeinde zu erbitten. Man habe der Gemeinde Kosten ersparen wollen, verteidigt Potsdams Baubeigeordnete Elke von Kuick-Frenz (SPD) ihre Mitarbeiter: „Wir wollten der Russisch-orthodoxen Gemeinde nicht zumuten, einen Bauantrag zu stellen, der dann womöglich abgelehnt wird.“ Wie teuer eine Bauvoranfrage sei, konnte die Baubeigeordnete aber nicht sagen. Ihre Behörde wolle sich „noch in dieser Woche“ mit der Gemeinde in Verbindung setzen: „Wenn die Landesbehörde diesen formalen Vorgang unbedingt braucht.“

Gleichzeitig zeigten sowohl der Landesdenkmalpfleger als auch die Icomos-Vertreterin Verständnis für den Ärger bei der Kirche. „Man kann die Gemeinde nicht hängen lassen“, betonte Precht von Taboritzki. Falls sich der momentan anvisierte Standort als ungeeignet erweise, „muss eine andere Lösung gefunden werden.“ Den Verkauf des Gebäudes in der Puschkinallee 16, das zunächst als Gemeindezentrum im Gespräch war, bezeichnet sie als „ganz großes Versäumnis“. Sie hoffe auf eine Klärung der Verhältnisse in den nächsten „zwei, drei Monaten“.Jana Haase

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