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Mach was draus: Damian Bennet (r.) begleitet sich an der Gitarre und singt: „Was nützt dein Talent, wenn du nichts daraus machst?“ Musiker und Entertainer Mark Scheibe hilft ihm und anderen Potsdamer Gymnasiasten beim Texten und Komponieren.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Komponieren mit Scheibe

Ballade oder Rap-Song: Bei „You can sing“ schreiben und proben Gymnasiasten eigene Lieder. Hilfe bekommen sie von einem Profi-Musiker

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Einen eigenen Song zu schreiben – wie schwer kann das sein? Im Musikraum im Filmgymnasium, ausgestattet mit Instrumenten und Technik für mindestens eine Band, wollen 30 Elftklässler genau das lernen. Doch die wenigsten von ihnen haben Musikerfahrung, sagt ein Mädchen, und einen Text zu schreiben, den man versteht, wo Rhythmus und Reim halbwegs stimmen, das ist offensichtlich gar nicht so einfach. „Wir haben uns das nicht so schwer vorgestellt. Manchmal sind wir schon am Verzweifeln“, sagt die Schülerin.

Seit Ende September des vergangenen Jahres läuft der Seminarkurs Musical am Filmgymnasium, auch am Einsteingymnasium und dem Evangelischen Gymnasium Kleinmachnow wird derzeit Liederschreiben geübt. Bis Anfang März haben die Schüler Zeit: Dann soll im Nikolaisaal ein Konzert stattfinden, bei dem die eigenen Songs – begleitet vom Jugendsinfonieorchester der Städtischen Musikschule – aufgeführt werden.

Dieses vom Nikolaisaal geförderte Singer-Songwriter-Projekt „You can sing“ müssen die Schüler jedoch nicht allein stemmen. Hilfe gibt es von Mark Scheibe, prominenter und vielseitiger Musiker, Songschreiber, Texter, Arrangeur und Entertainer. Der 45-Jährige arbeitet in seiner Heimatstadt Bremen seit zehn Jahren mit Schülern zusammen, für das Projekt „Melodie des Lebens“ gab es 2012 den Echo-Klassik für Nachwuchsförderung.

Jetzt kommt Mark Scheibe, mittlerweile Berliner, regelmäßig nach Potsdam, um die Jugendlichen anzuleiten. Der Termin in dieser Woche mit den Schülern beider Potsdamer Gymnasien ist der letzte vor der ersten Orchesterprobe. „Ich bau so langsam die Show zusammen, heute möchte ich alle Songs live hören,“ sagt Mark Scheibe. Der Gastdozent sieht ein bisschen aus wie Fußballtrainer Jogi Löw mit dunkler Elvistolle. Er ist Musik-Coach, Motivator, Animateur, Tröster und Mutmacher. Im Anzug steht er hinter Keyboards oder sitzt neben den Schülern, lässt sich die Ergebnisse vorsingen und vorspielen.

Mehrere kleine Gruppen arbeiten jeweils an einem Song. Manches klappt schon ganz gut, anderes muss er den Jugendlichen aus der Nase ziehen. Wenn vom Text nur kryptische Fassungen vorliegen, Refrain oder Strophe fehlen, die Datei auf dem Smartphone versehentlich gelöscht wurde, dann wird es schwierig. Dabei sind die Schüler mit Ernst dabei, haben ganz unterschiedliche, teils sehr persönliche Themen aufgegriffen. Sie wollen über Liebe und Freundschaft singen, über Eifersucht und Depressionen. Über die Liebe zur Großstadt Berlin, die Leidenschaft fürsTanzen. Und manches ist zunächst auch witzig: „Ich sitz in meinem Zimmer, die Blockade wird schlimmer“, singt eine Gruppe vor. Wenn es beim Text hapert, hilft der Coach: „Vergesst den Reim, schreibt zuerst einen Prosatext, eine Geschichte“, rät er. Mit 13 Jahren hat er selbst begonnen, Musik zu machen. „Da war ich das erste Mal verliebt und ein sehr introvertierter Junge“, sagt er.

Die Mädchen im Kurs finden ihn alle super, sagen sie. „Er ist entspannt, aber behält das Zeitfenster im Auge und pusht uns“, sagt eine Schülerin. Nein, sie kannten ihn vorher nicht, haben sich aber Videos von ihm angeschaut. Und gut sehe er aus.

Der Musik-Coach hat bei der Probe endlich seinen Jogi-Löw-Schal abgenommen, begleitet am Keyboard, klatscht den Beat mit und zählt dabei laut, die Füße wippen. „Das ist okay, hier kriegt man Gänsehaut“, lobt er eine Gruppe. „Ein toller Song, aber du musst laut sein, halte die Energie“, sagt er zu einer anderen Sängerin. Wenn das einstimmige Singen problematisch ist, wird es ein Rap-Song. Mark Scheibe greift die Melodien der Schüler auf und wird dazu Orchesterarrangements schreiben. Langsam wird es ernst, die Zeit rennt davon. Noch fühlen sich die Schüler für die große Bühne im Nikolaisaal nicht bereit. „Das kommt bestimmt noch“, sagt ein Mädchen. Und Mark Scheibe beruhigt die aufgeregten Schüler: „Im Publikum sitzen ja nicht nur eure Eltern – auch 598 andere Menschen.“

Er selbst wird beim Konzert am Flügel begleiten und moderieren. „Wir werden 15 Uraufführungen erleben, das ist doch toll“, sagt er enthusiastisch. In diesem Kurs gehe es schließlich darum, etwas Eigenes zu produzieren, nicht etwas zu kopieren. „Dafür gibt’s doch schon genug TV-Shows“, sagt der Musiker. Steffi Pyanoe

Die Ergebnisse der Workshops werden am Freitag, dem 7. März 2014, um 19 Uhr im Nikolaisaal gemeinsam mit dem Jugendsinfonieorchester der Städtischen Musikschule Potsdam unter Leitung von Andreas Jerye präsentiert.

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