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Landeshauptstadt: Konfrontation oder Moratorium?

Neue juristische Gutachten zum umstrittenen Uferweg Groß Glienicke

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Zum Streit um einen freien Uferweg am Groß Glienicker See mehren sich die juristischen Gutachten. Gestern stellte die Bürgerinitiative „Freies Ufer“ ein Gutachten des Berliner Verwaltungsrechtlers Karsten Sommer vor. Der Anwalt, der schon mehrfach juristisch für Naturschutzverbände gestritten hat und zum Beispiel erfolgreich gegen einen Autobahn-Tunnelbau in Nordrhein-Westfalen klagte, empfiehlt der Stadtverwaltung einen Konfrontationskurs: Sie solle den Grundstückseigentümern, die den ehemaligen Kolonnenweg sperren, die vollständige Freigabe des Weges vorgeben und dies auch durchzusetzen, so der Anwalt in einer Erklärung. In den anschließenden Gerichtsprozessen könne die „Öffentlichkeit des Weges“ dann geklärt werden, so Sommer. Seine Auftraggeber von der Bürgerinitiative forderten daraufhin gestern, sofort alle gesperrten Uferbereiche am Groß Glienicker See zu räumen.

Parallel dazu hat die Stadtverwaltung an die Stadtverordneten inzwischen ein bislang nicht öffentliches Gutachten zum weiteren Vorgehen am See ausgereicht. Erstellt hat es die bundesweit aktive Kanzlei „Gaßner, Groth, Siederer und Coll“, spezialisiert auf Bau- und Planungsrecht, im Auftrag der Stadt. Die Anwälte haben dabei einen Variantenvergleich erstellt. Nötig sei dies nach dem „Scheitern des Versuchs, den Uferweg (...) im Wege einer von allen Eigentümern akzeptierten Rahmenvereinbarung durchzusetzen“. Denkbar sei die eher konfliktreiche, aber schnellere Durchsetzung eines kommunalen Wegerechts für den Weg auf Grundlage des dort geltenden Bebauungsplans Nummer 8, so die Berliner Anwälte – oder die langwierigere Änderung dieses B-Plans mit dem Ziel, durch Entgegenkommen gegenüber den Eigentümern eine „einvernehmliche Lösung“ zu erreichen, ohne aber städtische Ziele substantiell aufzugeben.

Bei der ersten Variante bemängeln die Anwälte, neben dem Konfliktstoff würden „rechtliche Risiken“ verbleiben und es würden nicht „unerhebliche Kosten“ anfallen. Sollten sogar über den Weg hinaus sogar alle im Bebauungsplan Nr. 8 festgesetzten öffentlichen Nutzungen umgesetzt werden, müsse mit einem Finanzbedarf von bis zu neun Millionen Euro für Verfahrenskosten und Enteignungen gerechnet werden. Wie viel der Weg allein kostet, schreibt die Anwaltskanzlei nicht.

Sowieso sei die langsamere Variante vorzuziehen. Man solle den betroffenen Grundstückseigentümern erneut Gelegenheit zur Stellungnahme geben. „Ihnen sollte mitgeteilt werden, dass die Stadt bereit sein könnte, auf die dauerhaft verbindliche Durchsetzung eines Uferwegs in den nächsten Jahren zu verzichten und stattdessen ein neues Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans Nr. 8 im Uferbereich einzuleiten“, empfehlen die Anwälte. Die Bedingung dafür: Es müsse erkennbar sein, dass es „auf diese Weise zu Festsetzungen kommen kann, die von allen Eigentümern mitgetragen werden und diese veranlassen, freiwillig den Uferweg zu ermöglichen“. Voraussetzung dafür wäre, dass alle Eigentümer für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren einem „Moratorium“ zustimmen, bei dem die Stadt auf Enteignungsmaßnahmen verzichtet und die Eigentümer im Gegenzug einer befristeten Nutzung des vorhandenen früheren Postenwegs auf ihrem Grundstück als Uferweg zustimmen – bei Übernahme aller Lasten durch die Stadt. Sollte dies nicht klappen, so die Anwälte, müsste die konfliktreichere Durchsetzung eines kommunalen Wegerechts gewählt werden. HK

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