Landeshauptstadt: Konkurrenz durch 10-Euro-Haareschneider
Friseurgenossenschaft feiert 50 Jahre Bestehen in den Bahnhofspassagen und lädt zum Schaufrisieren ein
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Die 122 Mitarbeiter der Friseurgenossenschaft Cut+Care family verstehen sich aufs Waschen, Schneiden, Fönen und sie können natürlich auch der mehr oder weniger dichten Haarpracht ihrer Kunden die Grautöne austreiben. Zwei Tage lang wollen sie nun auch noch zeigen, dass sie sich außerdem aufs Feiern verstehen – zusammen mit ihren Kunden in den Bahnhofspassagen.
Gestern schon und auch heute gibt es dort am Nachmittag kostenlose Beratung und ein Schaufrisieren von 16 bis 18 Uhr. Gekoppelt ist der Auftritt mit einer Spendenaktion für das Deutsche Rote Kreuz, das bei Erste-Hilfe- Kursen für Vorschulkinder unterstützt wird,
Die Friseurgenossenschaft, gegründet am 31. Juli 1958, ist gerade 50 Jahre alt geworden. Sozusagen in die besten Jahren gekommen, erweist sie sich als modern und sexy und hat offenbar noch kein graues Haar angesetzt. 16 Salons werden im Potsdamer Stadtgebiet von ihr betrieben und neben der Haarpflege Nagelmodellage, Kosmetik und Fußpflege angeboten. Die Oberbürgermeister-Stellvertreterin Elona Müller konnte deshalb auch von einem „Genossenschaftsmodell auf Erfolgskurs“ sprechen, als sie gestern zum Gratulieren kam. Ein Weg, den nach der Wende nicht viele PGHs schafften.
Auch von den ehemaligen Friseur-Produktionsgenossenschaften des Handwerks existieren nicht mehr viele. Im Genossenschaftsverband Norddeutschlands, dem Cut+Care angehört, seien es noch ganze acht, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Potsdamer Genossenschaft, Ingo Thalmann. Aber auch für Cut+Care ist die Konkurrenz schärfer geworden. „In den letzten drei, vier Jahren ist viel passiert“, sagt Thalmann. „Viele kleine Salons sind hinzugekommen und die 10-Euro-Anbieter.“ Deutschlandweit gebe es inzwischen 70 000 eingetragene Salons. Da müsse man sich bei der Qualität und den Trends behaupten.
Und was verlangen die werten Kunden? Sie möchten jung und gepflegt wirken. Anti-Aging-Programme seien Trumpf und die Haare würden bei Damen wie bei Herren gefärbt. Immer öfter verlangten sie aber auch nach Haarverlängerungen oder Verdichtungen. Die Modefrisur bei den Damen sei aktuell der Pagenkopf, sagt eine der Salonchefinnen und schüttelt den ihren.
Die Zusammenarbeit der Friseure in Potsdam beginnt 1958 und liegt damals auch im Trend. Oder anders ausgedrückt: Sie wird staatlich mit Nachdruck gefördert. Die PGH des Friseurhandwerks gründet sich mit drei Salons,vier Meistern, zehn Facharbeitern und vier Lehrlingen. 1968 kommen zur Haarpflege Kosmetik und Fußpflege hinzu. Die PGH verfügt inzwischen über 163 Beschäftigte und 13 Lehrlinge. Zur Wende hat die PGH 20 Salons, sechs Außenstellen und 303 Beschäftigte aber die Grundlagen sozialistischen Wachstums verloren. Man gründet sich in eine eingetragene Genossenschaft um und passt sich den neuen Gegebenheiten an. Der Name wird englisch-modern: Cut + Care – schneiden und pflegen. Die Mitarbeiterzahl sinkt auf 120, Azubis hat man noch immer 30.
Und der Run auf diesen Beruf bleibt ungebrochen. Erstmalig in diesem Jahr, erklärt Thalmann, habe man jedoch Schwierigkeiten gehabt, genügend geeignete Lehrlinge zu finden. Nur fünf Verträge seien bisher abgeschlossen. Alle anderen Schulabgänger hätten sich fürs Waschen, Schneiden, Fönen nicht geeignet. Noch immer seien Frisieren und Kosmetik ein vorwiegend weibliches Handwerk, meint Thalmann. Man habe bisher nur einige wenige männliche Lehrlinge gehabt.
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