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Landeshauptstadt: Konkurrenz durch Niemeyer

Bäder im Land fürchten Besucherverluste / Förderprüfung beginnt Montag

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Bäder im Land fürchten Besucherverluste / Förderprüfung beginnt Montag Für die Entscheidung, in welchem Umfang das Freizeitbad nach Entwurf von Oscar Niemeyer gefördert werden soll, fehlen dem Wirtschaftsministerium noch wichtige Unterlagen. Das bestätigte gestern Ministeriumssprecher Steffen Kammradt. Mit der Stadt sei vereinbart, dass sie diese kommenden Montag nachreicht. Dann könne auch der „entscheidende Teil“ der Prüfung beginnen. Landtagsabgeordnete Anita Tack (PDS) verlangte gestern eine „parlamentarische Kontrolle bei der Bäderförderung der Landesregierung“. Zu den nächsten Sitzungen des Wirtschafts- und des Bildungsausschusses würde die PDS deshalb das Thema „Förderung des Potsdamer Freizeitbades“ auf die Tagesordnung setzen. „Die Minister sollen ihre Positionen begründen“, so Tack: „Jetzt müssen die aktuellen Daten auf den Tisch.“ Das Zwischengutachten zur brandenburgischen Bäderplanung des Sportministeriums aus dem Jahr 2003 dürfe nicht als Grundlage für eine Entscheidung über die Förderungswürdigkeit des Potsdamer Spaßbades dienen. Laut Kammradt sei das Gutachten jedoch immer noch gültig. Aus ihm gehe hervor, dass Potsdam als Schwimmbadstandort mit höchster Priorität gefördert werden sollte. Den Endbericht zur Umsetzung der Bäderplanung für die Jahre 2000 bis 2006, der 2007 erscheinen soll, müsse das Wirtschaftsministerium deshalb nicht abwarten. Das derzeitige Gutachten bezieht sich laut Thomas Hainz, Sprecher des Sportministeriums, auf Zahlen aus dem Jahr 1998. Damals wurde festgestellt, dass das Land Brandenburg mit einem Verhältnis von 8,7 Quadratmeter pro 1000 Einwohner unter dem deutschen Durchschnitt liegt. Hainz betonte, dass Potsdam schon damals als Badstandort mit großem Potential eingestuft worden war: Das Freizeitbad werde „eine große Magnetwirkung“ haben und Besucher aus einem großen Einzugsgebiet anlocken. Dass in Ludwigsfelde im Frühjahr 2006 mit dem Kristall Schwimm- und Gesundheitscenter ein ebenfalls sehr großes Bad eröffnen soll, ändere nichts an der Förderwürdigkeit Potsdams, so Hainz. In der Bäderplanung hätte man für Ludwigsfelde allerdings nur ein kleineres Bad einkalkuliert. Dieses wäre vom Land auch gefördert worden, doch hätte sich die Stadt für ein größeres Bad und damit gegen den Landeszuschuss entschieden. In der brandenburgischen Hauptstadt gäbe es „weiterhin den Bedarf für ein Freizeitbad“. Auch mit dem Center in Ludwigsfelde sei das Bäderangebot in Brandenburg nicht zu groß. Die Betreiber der Schwimm- und Thermalbäder im Land Brandenburg sehen das skeptischer: „Es gibt nur einen Kuchen, den kann man nicht unendlich teilen“, so Horst Werner, Betriebsleiter der Flämingtherme in Luckenwalde. „Zurzeit decken unsere Einnahmen die Betriebskosten“, so Werner. Doch rechne er damit, dass die Besucherzahlen von 250 000 pro Jahr sinken würden, wenn Potsdam sein neues Bad bekommt. Genau abschätzen könne er die Umsatzeinbußen noch nicht. Doch befürchtet er, dass gerade die Gäste aus Potsdam und Berlin in Zukunft wegbleiben, weil für sie das Bad in der Landeshauptstadt näher läge. Ähnlich sieht es Jens Hackbart, Geschäftsführer der Kur und Freizeit GmbH, die die Steintherme in Belzig betreibt. Seine größte Sorge: Der Wellness und Solebereich im Niemeyerbad: „Warum macht man das? Das ist eigentlich unsere Stärke!“ Zumal der Belziger Solebau 2002 mit über 15 Millionen Euro vom Land gefördert wurde. Der Geschäftsführer der Kristall-Bäder-AG Heinz Steinhart will sich dagegen vom „Potsdamer Gigantismus“ nicht beeindrucken lassen: Dem teuren Niemeyer-Bau fehle ein kompetentes Konzept: „Die Menschen wollen doch nicht in Ufos saunieren!“ Architekt Oscar Niemeyer sei eben kein Bäderspezialist. Angeblich habe er in seinen ersten Plänen sogar die Heizungen vergessen, so Steinhart. Der von der Stadt mit der Realisierung der Niemeyer-Entwürfe beauftragte Architekt Moritz Kock sagte gegenüber den PNN, Niemeyer sei „ein Architekt für ein südländisches Klima“ . Er würde in Zusammenarbeit mit dem Architektenbüro Krieger und dem Planungsbüro Rohling Niemeyers Formenanspruch den technischen und klimatischen Bedingungen in Potsdam anpassen. Schwierigkeiten mit der Architektur des Brasilianers hätten auch die brasilianischen Kinder der Unterschicht, hieß es gestern in einer Agenturmeldung. Die über 500 öffentlichen Schulen nach Plänen Niemeyers wären nicht für den Unterricht geeignet. Der Grund: Die Wände zwischen den einzelnen Klassenräumen schließen nicht mit der Decke ab. So „hören alle alles von allen“. Die Schüler könnten sich nicht konzentrieren.

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