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Homepage: „Kooperation lässt sich nicht verordnen“

Roswitha Lohwaßer vom Zentrum für Lehrerbildung über gute Ausbildung, Zusammenarbeit und schwierige Schüler

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Frau Lohwaßer, Sie haben in dieser Woche die Tage der Lehrerbildung an der Universität Potsdam veranstaltet. Gute Lehrer sind gleich gute Schüler – stimmt das?

Nach meiner Auffassung gibt es einen Zusammenhang zwischen gutem Unterricht und entsprechenden Leistungen der Schüler. Wissenschaftliche Untersuchungen formulieren diesen Zusammenhang allerdings nicht so eindeutig. Zwar habe die Persönlichkeit des Lehrers einen Einfluss auf die Lernaktivität des Schülers und damit seinen Erfolg. Aber es handelt sich in den empirischen Untersuchungen dabei nur um rund 30 Prozent.

Die Pädagogik geht davon aus, dass guter Unterricht erlernbar ist. Auf welchem Wege?

Erst einmal ist eine Eignung für den Lehrerberuf wichtig. Diese Eignung lässt sich durch ein entsprechendes Studium ausbauen. Bestimmte Fähigkeiten lassen sich im Studium entwickeln, etwa das Diagnostizieren, gute Unterrichtsgestaltung, die Motivierung, Gruppenunterricht, Lehrer-Schülervorträge oder das Anlegen von Experimenten. Ich denke, dass dies dazu beitragen kann, die personelle Eignungsentwicklung in Praxisphasen zu prüfen und die Kompetenzen als Lehrer auszubauen.

Was muss sich in der Lehrerbildung ändern?

Vor allem, dass die einzelnen Studienelemente nicht so stark nebeneinander laufen. Derzeit muss sich der Studierende in Handlungssituationen alle Elemente selbst zusammendenken. An einer Abstimmung der Curricula zwischen den Bereichen Fächer, Fachdidaktik und Erziehungswissenschaften muss noch gearbeitet werden, mehr interdisziplinäre Lehrveranstaltungen wären sinnvoll.

Auf der Tagung ging es um Modelle und Wirklichkeit der Lehrerbildung. Wie sieht die Wirklichkeit denn aus?

Aus dem Modell der Potsdamer Lehrerbildung sind einige Dinge verwirklicht worden, insbesondere die Praxisstudien. Sie wurden mit dem Praxissemester weiterentwickelt. Einige Dinge sind allerdings nur Modell geblieben. In der Lehrerbildung geht es, wie schon erwähnt, sehr stark um Zusammenarbeit der verschiedenen Bereiche. Aber Kooperation lässt sich nicht verordnen.

Was halten die Studierenden vom Potsdamer Lehrerstudium?

Die Absolventen, die von uns kommen und ihren Vorbereitungsdienst in anderen Bundesländern machen – das sind 75 Prozent – sagen, dass sie eine sehr gute Lehrerausbildung in Potsdam hatten. Sie betonen, dass sie Theorie und Praxis gut verknüpfen konnten, dass sie gute Mentoren in den Schulen und Praxisstudien hatten. Besonders heben sie hervor, dass sie in Potsdam in der fachdidaktischen Ausbildung für das Unterrichten gut ausgebildet wurden.

Was zeichnet also die Potsdamer Lehrerbildung aus?

Vor allem, dass bei uns vom ersten Semester an ein Bezug zur Schule hergestellt wird. Zum anderen aber auch, dass die Einheit von Lehre und Forschung im Lehramtsstudium wieder gestärkt wird. Es sollte zukünftig vor allen Dingen auch darum gehen, die psychologische Komponente in der Lehrerbildung wieder zu verstärken. Um mit einer Klasse umgehen zu können, muss man auch einzelne Persönlichkeiten diagnostizieren und in gruppendynamischen Prozessen beachten können. Dazu bedarf es der Verbindung von psychologischen und pädagogischen Kompetenzen.

Die Lehrerbildung spielt an der Potsdamer Universität eine relativ wichtige Rolle.

Jeder fünfte Student in Potsdam ist Lehramtsstudent. Nun kommt es aber auch darauf an, dass sich die Fachwissenschaften darauf besser einstellen. Beispielsweise haben die Master-Studierenden der Mathematik – und leider nicht nur die – mit den Lehramtsstudenten immer noch gemeinsame, statt differenzierte Lehrveranstaltungen, obwohl der Abschluss ein ganz anderer ist. In der Schule muss man Fach- und Überblickswissen haben. Für den Mathematiker hingegen kommt es mehr auf die Spezialisierung an. Das ist ein wichtiger Punkt, der noch gelöst werden muss. Dazu bedarf es auch einer besseren personellen Ausstattung.

Welche Probleme hat die Potsdamer Lehrerbildung noch?

Im Moment werden die Primarschullehrer zusammen mit der Sekundarstufe eins ausgebildet. Die meisten Studierenden identifizieren sich aber mit der Primarstufe. Es fehlt die Spezifik für das schwierige Alter der pubertierenden Schüler in der Sekundarstufe eins. Dafür mangelt es an Möglichkeiten im Studium, an Motivation und Identifikation. Man muss sich etwas einfallen lassen, dass auch für diesen Bereich gute Lehrer ausgebildet und dort eingesetzt werden.

Das Gespräch führte Jan Kixmüller

Roswitha Lohwaßer

ist Geschäftsführerin

des Zentrums für Lehrerbildung an der Universität Potsdam. An dem Zentrum fanden in dieser Woche die Tage der Lehrerbildung statt.

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