Landeshauptstadt: Kooperation statt Verkauf
Studio Hamburg will neue Zusammenarbeit mit Babelsberg
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Studio Hamburg will neue Zusammenarbeit mit Babelsberg Von Sabine Schicketanz Studio Babelsberg könnte in Zukunft seine Film-Dienstleistungen auch an die NDR-Tochter Studio Hamburg verkaufen. „Wenn sich eine sinnvolle Konstruktion ergibt, sind wir offen für Gespräche“, sagte Sytze van der Laan, Vorsitzender der Geschäftsführung von Studio Hamburg Produktion, den PNN. Noch im Sommer wollte das Filmunternehmen mit zwölf Ateliers in Hamburg und sieben in Berlin-Adlershof Studio Babelsberg komplett kaufen – doch der damalige Eigentümer, der französische Konzern Vivendi, entschied sich auch gegen den Willen der Brandenburger Landesregierung anders. Jetzt gehört Babelsberg den Privatinvestoren Carl Woebcken und Christoph Fisser. Den ersten Auftrag an die Studio Babelsberg Motion Pictures (SBMP), der wegweisend sein könnte für eine neue Kooperation, haben die Hamburger bereits vergeben: Am Montag starten in Berlin die vierzehntägigen Dreharbeiten für den Hollywood-Thriller „Flight Plan“ mit Oscargewinnerin Jodie Foster, und Studio Babelsberg sorgt für die Produktionslogistik. Doch die Babelsberger hätten den Auftrag der Disney-Studios Imagine und Touchstone wohl lieber selbst an Land gezogen – was ihnen bisher mit Drehs für Streifen mit Millionenbudget wie „Die Bourne Verschwörung“, „In 80 Tagen um die Welt“ und derzeit „Aeon Flux“ prächtig gelungen ist. Ob die unsichere Lage in Babelsberg die US-Produzenten verschreckt hat? Sytze van der Laan will darüber nicht spekulieren, fest stehe aber, dass „man für einen großen Film vier bis fünf Jahre Sicherheit braucht. Und die hat man derzeit in Babelsberg nicht“. Studio Hamburg wolle aber überhaupt nicht gegen die Potsdamer arbeiten. Hollywoodfilme in die Region zu holen sei selbst für den seit zwei Jahren existierenden internationalen Zweig „Studio Hamburg International Produktion“ (Ship) mit eigenem Büro in Los Angeles nur ein „absolutes Nebengeschäft“, so van der Laan. Über das Babelsberger Fernsehzentrum, das Studio Hamburg kürzlich hundertprozentig erworben hat, sei man zudem „in der Region ohnehin stark vertreten“. Daher sei es nicht im Interesse des Studios, den Babelsbergern in irgendeiner Weise „Steine in den Weg zu legen“. Zudem sei das Geschäftsmodell entscheidend anders: Die Studio Hamburg Produktion GmbH verstehe sich vor allem als „Erzeuger von Rechten“. Denn diese seien der einzige dauerhafte Wert eines Studios. „Der Verkauf von Studio Babelsberg gestaltete sich auch deshalb so schwierig, weil es keine Rechte gab.“ Der ehemalige Eigentümer Vivendi hatte den Käufern einen so genannten negativen Kaufpreis in Höhe von 18 Millionen Euro zahlen müssen. Und während Studio Babelsberg sich offensichtlich weiter als reiner Dienstleister im Filmgeschäft versteht, geht van der Laan mit Studio Hamburg andere Wege. Sein US-Modell, „angepasst an deutsche Gepflogenheiten“, sieht ein eigenes Produktionsgeschäft samt Finanzierung im Mittelpunkt. Nur so erziele ein Studio eine „Hebelwirkung“, bei der es am längeren Hebel sitze: „Kontrolliert man das Drehbuch, kann eine Produktion nicht aus der Region weg.“ Ein Studio fülle seine Ateliers sicher, wenn es auf das reagiere, was der Markt verlange – momentan sind es unter anderem Horrorfilme – sich die Drehbuchrechte sichere und auch eine Finanzierung bieten könne. Ist ein Studio anders noch überlebensfähig? „Ein ganz großes Nein.“ Deshalb sei mit der Verkaufs-Absage an Studio Hamburg in Babelsberg „eine sehr große Chance vertan“ worden: „Denn wir hätten einen Produktionsbetrieb auf den Dienstleistungsbetrieb gesetzt.“ Von der Politik fordert van der Laan dringend eine Zusammenlegung der fünf Filmförderungen im Norden Deutschlands. Nur so könne die Region Berlin-Brandenburg, aber auch Hamburg, eine „effektive Antwort auf die großen Töpfe in München und Nordrhein-Westfalen geben“ und wettbewerbsfähig werden. „Wenn ein ausländischer Produzent anfragt, brauche ich eine zeitnahe, aus einer Quelle kommende Antwort.“ Bei der jetzigen Situation müsse er jedoch drei oder vier Filmförderungen anfragen. „Das dauert ein halbes Jahr, dann ist der Film weg.“ Laut van der Laan müsse zudem möglichst schnell das mittlerweile auch von Kulturstaatsministerin Christina Weiss befürwortete so genannte „Sale and Leaseback“-Modell eingeführt werden. Über diesen Steuerkredit sollen Filmproduzenten zwischen zehn und 15 Prozent ihres Budgets finanzieren können, dafür müssen zwischen 30 und 60 Prozent des Geldes in Deutschland ausgegeben werden. Wer in den „Sale and Leaseback“-Fonds investiert, kann seine Investition gleich im ersten Jahr komplett von der Steuer abschreiben. Dies sei eine „Jobmaschine hoch drei“ und werde, wie in England bereits geschehen, einen Boom in der Filmwirtschaft auslösen. Währenddessen ist das neue internationale Großprojekt von Studio Hamburg – das jüngst für seine Fernsehserie „Berlin, Berlin“ mit dem TV-Oscar „Emmy“ ausgezeichnet wurde – bereits auf den Weg gebracht: Ab August 2005 soll in Südafrika der erste Teil einer englischsprachigen „Die drei ???“-Trilogie gedreht werden. Regisseur des zehn Millionen Euro teueren Familien-Entertainments nach den millionenfach verkauften Romanvorlagen von Robert Arthur aus den 60er Jahren ist der deutsche Kurzfilm-Oscar-Preisträger Florian Baxmeyer. Die weltweiten Vermarktungsrechte für „Die drei ???“ – sie gehören Studio Hamburg.
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