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Landeshauptstadt: Kopfschmuck, Kunst und Kumpir

Nahe des „Broadway“ haben sich zwei Existenzgründerinnen etabliert

Stand:

Die Modistin Kristin Müller ist viel herumgekommen in Deutschland. Ihren Meister hat die 36-jährige Berlinerin in Stuttgart gemacht, sie hat in Dresden für die Semper-Oper gearbeitet, war in München tätig, zum Schluss aber sollte es dann doch Potsdam sein, um Wurzeln zu schlagen. Seit vier Jahren führt sie ihr Geschäft in der Jägerstraße und stattet die Damen- und Herrenwelt mit Kopfbedeckungen unterschiedlichster Art aus. Ihr Angebot reicht von wagenradgroßen blumengeschmückten Schöpfungen, die schon mal 300 Euro kosten können, bis zu praktischen Kappen für weniger als 20 Euro. Auch die Herren werden gut behütet und Kristin Müller arbeitet auf Kundenwunsch sogar den geliebten alten Hut auf.

An der Entscheidung, ein Geschäft in Potsdam aufzumachen, dürfte das Regionalförderprogramm, das mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) arbeitet, nicht ganz unschuldig gewesen sein. Es wurde zur Eingliederung Langzeitarbeitsloser in den ersten Arbeitsmarkt aufgelegt und Potsdam als Modellkommune darf allein entscheiden, wie die Mittel eingesetzt werden. Kristin Müller bewarb sich 2008 um die Förderung und erhielt 10 000 Euro als Start in die Selbstständigkeit. Sie konnte ihr Geschäft etablieren und begann sehr schnell mit der Lehrlingsausbildung. Die erste Auszubildende wird demnächst ihre Gesellenprüfung ablegen. Inzwischen trat Laura Zeeger (23) in deren Fussstapfen. Die Meisterin der schönen Hüte hat sich abermals erfolgreich um Förderung bemüht. Diesmal als Unterstützung für die Lehrlingsausbildung.

Potsdams Sozialbeigeordnete Elona Müller-Preinesberger (parteilos), die gestern dem Hutmodegeschäft und einer zweiten Jungunternehmerin einen Besuch abstattete, begrüßte das Engagement der beiden Frauen, die mit ihren Angeboten der Stadt ein ganz spezielles Flair verleihen und dadurch auch den Tourismus befördern.

Besuch bekam gestern auch Carolin Stabe, die nur ein paar Häuser weiter, ebenfalls in der Jägerstraße, das Belmundo eröffnet hat. Sie war wie Müller vor ihrer Existenzgründung arbeitslos, hatte aber eine Idee: Carolin Stabe überzeugte mit ihrem Projekt, eine Kombination von portugiesischer Gaststätte – auf der Speisekarte steht die traditionelle Grillkartoffel Kumpir - und Kunstladen aufzumachen. Sie sicherte sich die 10  000 Euro Förderung und legte los. Ihr Konzept erwies sich als so erfolgreich, dass sie inzwischen 30 Künstler und einige Kunstgewerbezirkel unter Vertrag hat. Sie konnte ihren arbeitslos gewordenen Lebenspartner mit ins Geschäft nehmen und nun soll ein dritter Arbeitsplatz geschaffen werden. Weniger einfach war es, all die zuständigen Ämter von dem „Mischkonzept“ zu überzeugen. Die Probleme begannen beim Anmieten von Räumen und reichten bis zur Stellplatzablöse. Dafür habe sie sogar das Landesbaugesetz von A bis Z gelesen, erzählt Stabe. Es müssten da einige Hürden in Ämtern abgebaut werden, so die Jungunternehmerin.

Anlass für den Besuch der Sozialbeigeordneten bei den Unternehmerinnen war der Erfolg des Förderprogramms, das gerade in die fünfte Runde geht. Für 2012 bis 2014 verfügt es über 1,7 Millionen Euro. 450 Potsdamer sollen so eine Chance auf regulär bezahlte Arbeit bekommen. Neu ist bei der Eingliederung von vorwiegend langzeitarbeitslosen Männern und Frauen in den ersten Arbeitsmarkt, dass auch psychisch Erkrankten ein Arbeitsplatz angeboten werden soll. Von 2005 bis 2010 standen Potsdam durch das Regionalprogramm 4,7 Millionen Euro zur Verfügung, es wurden 1100 Potsdamer angesprochen und betreut. 2010 bis 2012 wurden 352 Teilnehmer in 44 Projekte integriert und 159 am ersten Arbeitsmarkt untergebracht. Hella Dittfeld

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